Das GegenĀ­mitĀ­tel zum Faschismus

Uns droht ein ZeitĀ­alĀ­ter des FaschisĀ­mus. Wie ein Virus infiĀ­ziert er die westĀ­liĀ­chen DemoĀ­kraĀ­tien. Die WurĀ­zeln dieĀ­ses Übels lieĀ­gen im NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus – er brachĀ­te extreĀ­me UngleichĀ­heit, soziaĀ­len Abstieg und Zukunfts­ängĀ­ste. DesĀ­halb müsĀ­sen die demoĀ­kraĀ­tiĀ­schen KrƤfĀ­te genau hier ansetĀ­zen: den FaschisĀ­mus bekƤmpĀ­fen – mit einer soziĀ­al gerechĀ­ten WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik und einer faiĀ­ren VerĀ­teiĀ­lung des WohlĀ­stanĀ­des. So würĀ­de ihm der NƤhrĀ­boĀ­den entzogen.

FebruĀ­ar 2025. Die EntĀ­wickĀ­lung ist furchtĀ­erreĀ­gend: Ein euroĀ­pƤiĀ­sches Land nach dem andeĀ­ren fƤllt der extreĀ­men RechĀ­ten in die HƤnĀ­de. FlackerĀ­te der FaschisĀ­mus nach der JahrĀ­tauĀ­sendĀ­wenĀ­de zunƤchst meist nur in den eheĀ­maĀ­liĀ­gen OstĀ­blockĀ­staaĀ­ten auf, so ist heuĀ­te WestĀ­euĀ­roĀ­pa Opfer seiĀ­nes VorĀ­marĀ­sches – ausĀ­geĀ­rechĀ­net jener Teil des KonĀ­tiĀ­nents also, der glaubĀ­te, die LehĀ­ren aus NatioĀ­nalĀ­soĀ­ziaĀ­lisĀ­mus und RechtsĀ­extreĀ­misĀ­mus gezoĀ­gen zu haben.

Beflü­gelt durch Donald Trumps Wahl zum US-Prä­siĀ­denĀ­ten, rufen EuroĀ­pas FaschiĀ­sten denn auch bereits ein neuĀ­es, autoĀ­riĀ­tä­res ZeitĀ­alĀ­ter aus – ein ZeitĀ­alĀ­ter der kruĀ­den MachtĀ­poĀ­liĀ­tik, der nichts heiĀ­lig ist. Weder FreiĀ­heit noch FairĀ­ness. Weder MenĀ­schenĀ­rechĀ­te noch SelbstĀ­beĀ­stimĀ­mung. Weder Umwelt noch KliĀ­ma. Nichts.

HelĀ­fersĀ­helĀ­fer des Faschismus

Ihre HelĀ­fersĀ­helĀ­fer sind dabei stets die gleiĀ­chen: die etaĀ­blierĀ­ten konĀ­serĀ­vaĀ­tiĀ­ven und bürĀ­gerĀ­liĀ­chen ParĀ­teiĀ­en. Ob in ItaĀ­liĀ­en, SchweĀ­den, den NieĀ­derĀ­lanĀ­den oder DeutschĀ­land – überĀ­all verĀ­abĀ­schieĀ­den sich die einst verĀ­meintĀ­liĀ­chen GaranĀ­ten von DemoĀ­kraĀ­tie, RechtsĀ­staat und MenĀ­schenĀ­rechĀ­ten von ihren PrinĀ­ziĀ­piĀ­en, koalieĀ­ren mit rechtsĀ­extreĀ­men ParĀ­teiĀ­en und ebnen ihnen den Weg zur Macht und in die MitĀ­te der Gesellschaft.

Die BrandĀ­mauĀ­er gegen den FaschisĀ­mus entĀ­puppt sich als IlluĀ­siĀ­on. Im ZweiĀ­felsĀ­fall marĀ­schieĀ­ren die bürĀ­gerĀ­liĀ­chen KrƤfĀ­te lieĀ­ber mit illiĀ­beĀ­raĀ­len ParĀ­teiĀ­en, als sich mit der demoĀ­kraĀ­tiĀ­schen LinĀ­ken zu verĀ­bünĀ­den. Denn in einem zenĀ­traĀ­len PoliĀ­tikĀ­feld unterĀ­scheiĀ­den sich BürĀ­gerĀ­liĀ­che und RechtsĀ­extreĀ­me kaum: BeiĀ­de verĀ­treĀ­ten eine WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik, die auf MarktĀ­raĀ­diĀ­kaĀ­liĀ­tƤt beruht, UnterĀ­nehĀ­men und KapiĀ­tal freie Hand gewƤhrt und ein StaatsĀ­konĀ­zept proĀ­paĀ­giert, das die ƶffentĀ­liĀ­che Hand als ErfülĀ­lungsĀ­geĀ­hilĀ­fin der WirtĀ­schaftsĀ­inĀ­terĀ­esĀ­sen sieht – notĀ­falls auch auf Kosten der BevƶlĀ­keĀ­rung und der Ɩkologie.

KataĀ­stroĀ­phe mit Ansage

Dar­um erstaunt es nicht, dass der Virus des Faschis­mus heu­te epi­de­misch auf­tritt. Die Kata­stro­phe war bereits kurz nach dem Zusam­men­bruch des Sowjet­kom­mu­nis­mus vor­aus­seh­bar. Denn mit ihm trat eine neue Ver­hei­ssung auf den Plan, vor der Kri­ti­ker lan­ge ver­geb­lich gewarnt hat­ten: die Ideo­lo­gie des Neo­li­be­ra­lis­mus. Ihr trü­ge­ri­sches Ver­spre­chen: Wohl­stand durch Ent­fes­se­lung der Markt­kräf­te, frei­en Han­del sowie rigo­ro­sen Steu­er- und Staatsabbau.

Heu­te wis­sen wir: Der Neo­li­be­ra­lis­mus schaff­te zwar Wachs­tum, aber noch mehr schuf er unge­heu­re Ungleich­heit mit vie­len Ver­lie­rern und weni­gen Gewin­nern. Die Pro­fi­teu­re sind in extre­mem Mas­se Ban­ken, Kon­zer­ne und Tech-Gigan­ten, kapi­tal­star­ke Inve­sto­ren, Mega­rei­che und Erb­schafts­mil­li­ar­dä­re. Sie bil­den einen neu­en Geld­adel, wie es ihn nie zuvor gege­ben hat. Sie sind unvor­stell­bar reich, üben oft ohne demo­kra­ti­sche Legi­ti­ma­ti­on poli­ti­sche Macht aus und kon­di­tio­nie­ren das Leben von Mil­li­ar­den Menschen.

Musk – die SpitĀ­ze der AbsurditƤt

Die­se Absur­di­tät per­so­ni­fi­ziert sich in Elon Musk: Aus­ge­stat­tet mit 400 Mil­li­ar­den Dol­lar Ver­mö­gen und faschi­sto­iden All­machts­fan­ta­sien berauscht er sich der­zeit dar­an, die Demo­kra­tie und ihre Insti­tu­tio­nen in den USA zu zer­trüm­mern. Selbst ein Pro­dukt des Neo­li­be­ra­lis­mus, läu­tet Musk nun des­sen letz­te Pha­se ein und macht ihn voll­ends zum Werk­zeug von Will­kür­herr­schaft und Autokratie.

Die Mär vom «Wan­del durch Handel»

AutoĀ­kraĀ­tie pur ist auch das, was der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus gloĀ­bal angeĀ­richĀ­tet hat. Einst stellĀ­te er mit der ForĀ­mel Ā«WanĀ­del durch HanĀ­delĀ» in AusĀ­sicht, dass die Welt dank wirtĀ­schaftĀ­liĀ­chen AusĀ­tauschs mit autoĀ­riĀ­tä­ren RegiĀ­men demoĀ­kraĀ­tiĀ­scher und sicheĀ­rer werĀ­de. Doch das GegenĀ­teil geschah: Der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus brachĀ­te StaaĀ­ten wie ChiĀ­na, RussĀ­land und IndiĀ­en InveĀ­stiĀ­tioĀ­nen, ArbeitsĀ­plƤtĀ­ze und TechĀ­noĀ­loĀ­gie – aber keiĀ­nen GeiĀ­stesĀ­wanĀ­del. Je reiĀ­cher sie wurĀ­den, desto totaĀ­liĀ­tä­rer und antiĀ­deĀ­moĀ­kraĀ­tiĀ­scher wurĀ­den sie.

GleichĀ­zeiĀ­tig hat der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus den Westen enorm verĀ­letzĀ­lich gemacht. Die AbhƤnĀ­gigĀ­keit der DemoĀ­kraĀ­tien von AutoĀ­kraĀ­tien hat sich erhƶht – und nicht umgeĀ­kehrt, wie verĀ­sproĀ­chen. Die AutoĀ­kraĀ­tien sitĀ­zen oft am lƤnĀ­geĀ­ren Hebel – etwa RussĀ­land mit seiĀ­nen RohĀ­stofĀ­fen oder ChiĀ­na mit seiĀ­ner FerĀ­tiĀ­gungsĀ­inĀ­duĀ­strie – und missĀ­brauĀ­chen den Zugang zum WeltĀ­markt, um ihre poliĀ­tiĀ­sche und miliĀ­tä­riĀ­sche HegeĀ­moĀ­nie auszubauen.

GebeuĀ­telĀ­te MitĀ­telĀ­schicht im Westen

Den hƶchĀ­sten und schmerzĀ­hafĀ­teĀ­sten Preis für den NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus aber zahlĀ­te die breiĀ­te BevƶlĀ­keĀ­rung in den LƤnĀ­dern des Westens – insĀ­beĀ­sonĀ­deĀ­re die unteĀ­re MitĀ­telĀ­schicht mit bescheiĀ­deĀ­ner BilĀ­dung und mƤssiĀ­gen BerufsĀ­chanĀ­cen: von der VerĀ­kƤuĀ­feĀ­rin über die SerĀ­viceĀ­anĀ­geĀ­stellĀ­te bis zur ReiĀ­niĀ­gungsĀ­kraft, vom ChaufĀ­feur über den LogiĀ­stiĀ­ker und den KranĀ­kenĀ­pfleĀ­ger bis hin zur FachĀ­kraft sowie dem KleinĀ­unĀ­terĀ­nehĀ­mer und den SelbĀ­stƤnĀ­digĀ­erĀ­werĀ­benĀ­den. Sie sind die groĀ­ssen VerĀ­lieĀ­rer von DereĀ­guĀ­lieĀ­rung, PriĀ­vaĀ­tiĀ­sieĀ­rung und Globalisierung.

Dies geschah einerĀ­seits, indem AberĀ­milĀ­lioĀ­nen einst ordentĀ­lich bezahlĀ­ter Jobs in der InduĀ­strie und im DienstĀ­leiĀ­stungsĀ­sekĀ­tor in BilĀ­ligĀ­lohnĀ­lƤnĀ­der des Südens und des Ostens verĀ­laĀ­gert wurĀ­den. Und andeĀ­rerĀ­seits, indem die neoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­le PoliĀ­tik die ZuwanĀ­deĀ­rung von MenĀ­schen aus armen LƤnĀ­dern in die reiĀ­chen VolksĀ­wirtĀ­schafĀ­ten befeuĀ­erĀ­te – was vor allem in jenen StaaĀ­ten zu LohnĀ­druck und KonĀ­kurĀ­renz führĀ­te, die keiĀ­ne soziaĀ­len MassĀ­nahĀ­men zum Schutz des ArbeitsĀ­markĀ­tes ergriffen.

In der EuroĀ­pƤiĀ­schen UniĀ­on verĀ­lief dieĀ­ser ProĀ­zess schleiĀ­chend und führĀ­te zu staĀ­gnieĀ­renĀ­den EinĀ­komĀ­men, JugendĀ­arĀ­beitsĀ­loĀ­sigĀ­keit und wachĀ­senĀ­der PreĀ­kaĀ­riĀ­sieĀ­rung. In den USA, mit einer traĀ­diĀ­tioĀ­nell ohneĀ­hin schwaĀ­chen soziaĀ­len AbsiĀ­cheĀ­rung, traf es die MitĀ­telĀ­schicht mit volĀ­ler Wucht – insĀ­beĀ­sonĀ­deĀ­re im RostĀ­gürĀ­tel. AusĀ­laĀ­geĀ­rung, OutĀ­sourĀ­cing und der AusĀ­verĀ­kauf ganĀ­zer InduĀ­strieĀ­zweiĀ­ge hinĀ­terĀ­lieĀ­ssen FabrikĀ­ruiĀ­nen, MasĀ­senĀ­arĀ­beitsĀ­loĀ­sigĀ­keit und wachĀ­senĀ­de Verzweiflung.

KomĀ­pliĀ­zen im Ungeist

Das ist fatal für wohl­ha­ben­de, demo­kra­ti­sche Gesell­schaf­ten. Wer trotz Arbeit und Fleiss nicht vom Fleck kommt, fühlt sich gede­mü­tigt. Wer fürch­tet, dass es sei­nen Kin­dern der­einst nicht bes­ser, son­dern schlech­ter gehen wird, ver­liert den Glau­ben an die Zukunft. Und wer sozi­al absteigt und Angst haben muss, sein Stück­chen Wohl­stand zu ver­lie­ren, sucht Schul­di­ge. So wird die Demo­kra­tie von innen her­aus zer­setzt und die Men­schen wer­den anfäl­lig für auto­ri­tä­re Poli­tik. Genau das ist der Nähr­bo­den, auf dem Faschis­mus wächst.

Der Neo­li­be­ra­lis­mus ent­puppt sich damit als Kom­pli­ze des Faschis­mus. Was er gesät hat, ern­tet nun der ande­re: beäng­sti­gen­de Wahl­sie­ge, die aus dem Gefühl vie­ler Men­schen ent­ste­hen, bedroht zu sein und nicht das zu erhal­ten, was ihnen zusteht. Das ist die Wun­de, in die der Faschis­mus hin­ein­sticht, indem er ver­spricht, die Kon­trol­le über das eige­ne Leben und das eige­ne Land zurück­zu­ho­len und die ver­meint­lich Ver­ant­wort­li­chen zur Rechen­schaft zu ziehen.

Die Lüge des Faschismus

Doch das ist eine Lüge. Der Faschis­mus bringt kei­ne Hei­lung, son­dern Ver­blen­dung. Er benennt die wah­ren wirt­schafts­po­li­ti­schen Ursa­chen nicht, die zu Migra­ti­on, Ver­lust­äng­sten und sozia­lem Abstieg füh­ren, son­dern lenkt viel­mehr davon ab. Er tut dies, indem er eine angeb­lich homo­ge­ne Mehr­heit von «nor­ma­len, hart arbei­ten­den Men­schen» als Opfer von Min­der­hei­ten dar­stellt: von eth­ni­schen, geschlecht­li­chen und poli­ti­schen Grup­pen, die der Mehr­heit ver­meint­lich einen ande­ren Lebens­stil auf­zwin­gen und sie aus­nut­zen wol­len. Das ist das toxi­sche Nar­ra­tiv des Faschismus.

Das funkĀ­tioĀ­niert – und zwar leiĀ­der fürchĀ­terĀ­lich gut. Die HetĀ­ze gegen MigranĀ­tinĀ­nen und MigranĀ­ten, FlüchtĀ­linĀ­ge, queĀ­eĀ­re MenĀ­schen, FemiĀ­niĀ­stinĀ­nen und Ā«Links-Grün-VerĀ­siffĀ­teĀ» sowie gegen LGBTQ, WokeĀ­ness, Anti-RasĀ­sisĀ­mus und Ā«MeTooĀ» lieĀ­fert SünĀ­denĀ­bƶcke und sugĀ­geĀ­riert, dass sich dieĀ­se GrupĀ­pen Ansprü­che und RechĀ­te herĀ­ausĀ­nehĀ­men würĀ­den, die die MehrĀ­heit benachĀ­teiĀ­ligĀ­ten und deren Leben verĀ­schlechĀ­terĀ­ten. Und je schrilĀ­ler die DebatĀ­te dar­über tobt, desto mehr verĀ­dichĀ­tet sich bei vieĀ­len, vorĀ­ab entĀ­tƤuschĀ­ten und unpoĀ­liĀ­tiĀ­schen MenĀ­schen der Anschein, dass dem tatĀ­sƤchĀ­lich so ist.

Das macht es schwieĀ­rig, den FaschisĀ­mus bei dieĀ­sen TheĀ­men zu bekƤmpĀ­fen. MigraĀ­tiĀ­on ist seit jeher ein ReizĀ­theĀ­ma für GesellĀ­schafĀ­ten, die unter Druck steĀ­hen und mit UngleichĀ­heit und WohlĀ­standsĀ­geĀ­fƤlĀ­le rinĀ­gen. Und die AnlieĀ­gen von ethĀ­niĀ­schen, gesellĀ­schaftĀ­liĀ­chen und sexuĀ­elĀ­len MinĀ­derĀ­heiĀ­ten sind – mƶgen sie noch so legiĀ­tim und gerechtĀ­ferĀ­tigt sein – vom AllĀ­tagsĀ­leĀ­ben der MehrĀ­heit der MenĀ­schen meist so weit entĀ­fernt, dass sie oft auf UnverĀ­stƤndĀ­nis stoĀ­ssen und proĀ­voĀ­kaĀ­tiv wirĀ­ken. BeiĀ­des ist somit prä­deĀ­stiĀ­niert für rechtsĀ­extreĀ­men Populismus.

FaschisĀ­mus demaskieren

Umso mehr sind die demoĀ­kraĀ­tiĀ­schen KrƤfĀ­te geforĀ­dert, den FaschisĀ­mus auf ein andeĀ­res TerĀ­rain zu zwinĀ­gen – nƤmĀ­lich dortĀ­hin, wo die tatĀ­sƤchĀ­liĀ­chen SorĀ­gen der breiĀ­ten BevƶlĀ­keĀ­rung lieĀ­gen: bei staĀ­gnieĀ­renĀ­den LƶhĀ­nen, schwinĀ­denĀ­der KaufĀ­kraft, WohĀ­nungsĀ­not, steiĀ­genĀ­den MieĀ­ten, wachĀ­senĀ­den LebensĀ­halĀ­tungs- und GesundĀ­heitsĀ­koĀ­sten, sinĀ­kenĀ­den RenĀ­ten und dem fortĀ­schreiĀ­tenĀ­den Abbau des SerĀ­vice public. Hier, bei dieĀ­sen TheĀ­men, lieĀ­gen die MehrĀ­heiĀ­ten, die es braucht, um die DemoĀ­kraĀ­tie zu verĀ­teiĀ­diĀ­gen und den FaschisĀ­mus zu stoppen.

Den MenĀ­schen muss bewusst gemacht werĀ­den, dass ihr difĀ­fuĀ­ses UnbeĀ­haĀ­gen berechĀ­tigt ist – dass die UrsaĀ­chen jedoch nicht in MigraĀ­tiĀ­on, KulĀ­turĀ­kampf und IdenĀ­tiĀ­tƤtsĀ­poĀ­liĀ­tik lieĀ­gen, sonĀ­dern in einer WirtĀ­schaftsĀ­ordĀ­nung, die den von uns allen gemeinĀ­sam erwirtĀ­schafĀ­teĀ­ten WohlĀ­stand immer ungleiĀ­cher verĀ­teilt und in die HƤnĀ­de einer kleiĀ­nen OberĀ­schicht lenkt. DesĀ­halb muss der ƶffentĀ­liĀ­che DisĀ­kurs viel stƤrĀ­ker auf FraĀ­gen der VerĀ­teiĀ­lungsĀ­geĀ­rechĀ­tigĀ­keit ausĀ­geĀ­richĀ­tet und offenĀ­geĀ­legt werĀ­den, worĀ­an das System in Tat und WahrĀ­heit krankt.

Gelingt dies, wird der FaschisĀ­mus demasĀ­kiert. Denn dann muss er erklä­ren, wesĀ­halb er die MigraĀ­tiĀ­on verĀ­teuĀ­felt, nicht aber die WirtĀ­schaft, die die ZuwanĀ­deĀ­rung erst verĀ­urĀ­sacht – weil sie lieĀ­ber günĀ­stiĀ­ges PerĀ­soĀ­nal aus dem AusĀ­land einĀ­stellt als EinĀ­heiĀ­miĀ­sche. Oder warĀ­um er stets vom Ā«arbeiĀ­tenĀ­den VolkĀ» spricht, aber nichts gegen LohnĀ­dumĀ­ping unterĀ­nimmt, stattĀ­desĀ­sen jedoch MinĀ­destĀ­lƶhĀ­ne und TarifĀ­verĀ­trä­ge bekƤmpft. Oder warĀ­um er der MitĀ­telĀ­schicht den Abbau von RenĀ­ten und ƶffentĀ­liĀ­chen DienstĀ­leiĀ­stunĀ­gen zumuĀ­tet, wƤhĀ­rend er MilĀ­liĀ­arĀ­dä­ren und der finanzĀ­starĀ­ken OberĀ­schicht SteuĀ­erĀ­priĀ­viĀ­leĀ­giĀ­en gewƤhrt.

Das PorteĀ­monĀ­naie zƤhlt

Wer es daher ernst meint mit der Ver­tei­di­gung der Demo­kra­tie, for­dert zual­ler­erst eine sozia­le Wirt­schafts­po­li­tik oder das, was man frü­her, zu West­eu­ro­pas bes­se­ren Zei­ten, sozia­le Markt­wirt­schaft nann­te. Eine Wirt­schafts­po­li­tik, die mit einer Rück­ver­tei­lung von oben nach unten, einem gerech­ten Steu­er­sy­stem und einer Dis­zi­pli­nie­rung der Kon­zer­ne dafür sorgt, dass den Leu­ten mit nor­ma­lem Ein­kom­men am Ende des Monats mehr Geld in der Tasche bleibt, dass ihre Kin­der eine gute Aus­bil­dung bekom­men, die Gross­el­tern eine anstän­di­ge Ren­te haben und der Staat da ist, wenn man ihn braucht. Eine sol­che Poli­tik bräch­te das Grund­ver­trau­en und den Zukunfts­glau­ben zurück, die der Neo­li­be­ra­lis­mus zer­stört hat, und wäre die drin­gend benö­tig­te kraft­vol­le Ant­wort auf den Faschismus.

Joe Biden, wohl der beste US-Prä­siĀ­dent der jünĀ­geĀ­ren Zeit, hatĀ­te das erkannt: Er brach mit der MarktĀ­glƤuĀ­bigĀ­keit und lanĀ­cierĀ­te eine keyneĀ­siaĀ­niĀ­sche WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik mit MilĀ­liĀ­arĀ­denĀ­inĀ­veĀ­stiĀ­tioĀ­nen in InfraĀ­strukĀ­tur und KliĀ­maĀ­schutz sowie der FƶrĀ­deĀ­rung der MitĀ­telĀ­schicht. Doch sein Pech war, dass er zu spƤt kam und Prä­siĀ­dent einer NatiĀ­on war, die durch den FaschisĀ­mus und den KulĀ­turĀ­kampf der radiĀ­kaĀ­liĀ­sierĀ­ten RepuĀ­bliĀ­kaĀ­ner demoĀ­kraĀ­tieĀ­poĀ­liĀ­tisch und intelĀ­lekĀ­tuĀ­ell bereits zu stark verĀ­gifĀ­tet und zerĀ­rütĀ­tet worĀ­den ist.

Die «Fünf­te Kolon­ne» in Europa

DasĀ­selĀ­be SchickĀ­sal droht auch EuroĀ­pa. Trumps rechtsĀ­extreĀ­me Ā«FünfĀ­te KolonĀ­neĀ» marĀ­schiert bedrohĀ­lich vorĀ­an, angeĀ­führt von OrbĆ”n, MeloĀ­ni, Kickl, WeiĀ­del, WilĀ­ders, Le Pen und FaraĀ­ge. Sie sƤen ZwieĀ­tracht, spalĀ­ten die GesellĀ­schaft und kƶdern eine gebeuĀ­telĀ­te MitĀ­tel- und UnterĀ­schicht mit dem VerĀ­spreĀ­chen von natioĀ­naĀ­ler Grö­sse, wƤhĀ­rend sie hinĀ­ter den KulisĀ­sen mit KonĀ­zerĀ­nen, GeldĀ­adel und einĀ­flussĀ­reiĀ­chen EliĀ­ten pakĀ­tieĀ­ren – ganz so, wie es der FaschisĀ­mus schon vor 80 JahĀ­ren tat.

Noch stemmt sich ein erhebĀ­liĀ­cher Teil der BevƶlĀ­keĀ­rung gegen den RückĀ­fall in eine dunkĀ­le Zukunft. Dass die soziaĀ­le GerechĀ­tigĀ­keit dabei eine wirkĀ­saĀ­me WafĀ­fe ist, belegt nicht zuletzt die stockĀ­bürĀ­gerĀ­liĀ­che Schweiz: In der jüngĀ­sten Zeit gelang es, mit InitiaĀ­tiĀ­ven zur GesundĀ­heitsĀ­verĀ­sorĀ­gung, zum LohnĀ­schutz und zur AltersĀ­vorĀ­sorĀ­ge sowie mit RefeĀ­renĀ­den gegen den Abbau von RenĀ­ten und MieĀ­terĀ­schutz breiĀ­te UnterĀ­stütĀ­zung für EleĀ­menĀ­te einer soziaĀ­len WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik zu gewinĀ­nen – und dies trotz des WiderĀ­stands eines immer aggresĀ­siĀ­ver agieĀ­renĀ­den rechĀ­ten MehrĀ­heitsĀ­blocks aus SVP und FDP.

Doch die Zeit drƤngt: Das Tor zur HƶlĀ­le wird sich in EuroĀ­pa nur dann nicht weiĀ­ter ƶffĀ­nen, wenn die LinĀ­ke sich nicht in fruchtĀ­loĀ­sen KulĀ­turĀ­kƤmpĀ­fen verĀ­stricken lƤsst und wenn in der demoĀ­kraĀ­tiĀ­schen MitĀ­te endĀ­lich die ErkenntĀ­nis reift, dass die PoliĀ­tik nicht danach zu fraĀ­gen hat, was KonĀ­zerĀ­ne, LobĀ­byĀ­grupĀ­pen und SuperĀ­reiĀ­che wolĀ­len, sonĀ­dern einĀ­zig, was dem reaĀ­len Wohl der breiĀ­ten BevƶlĀ­keĀ­rung und ihrem Wunsch nach einem norĀ­maĀ­len Leben in WürĀ­de und in mateĀ­riĀ­elĀ­ler SicherĀ­heit dient.

Das ist die simpĀ­le WahrĀ­heit: EntĀ­weĀ­der erhalĀ­ten die EntĀ­tƤuschĀ­ten und VerĀ­lieĀ­rer des NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus in den westĀ­liĀ­chen LƤnĀ­dern wieĀ­der einen grö­sseĀ­ren Anteil am gesellĀ­schaftĀ­liĀ­chen WohlĀ­stand – oder sie werĀ­den endĀ­gülĀ­tig zum FussĀ­volk des Faschismus.

Autor: WalĀ­ter Langenegger

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