Das GegenĀ­mitĀ­tel zum Faschismus

Uns droht ein ZeitĀ­alĀ­ter des FaschisĀ­mus. Wie ein Virus infiĀ­ziert er die westĀ­liĀ­chen DemoĀ­kraĀ­tien. Die WurĀ­zeln dieĀ­ses Ɯbels lieĀ­gen im NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus ā€“ er brachĀ­te extreĀ­me UngleichĀ­heit, soziaĀ­len Abstieg und ZukunftsĀ­Ć¤ngĀ­ste. DesĀ­halb mĆ¼sĀ­sen die demoĀ­kraĀ­tiĀ­schen KrƤfĀ­te genau hier ansetĀ­zen: den FaschisĀ­mus bekƤmpĀ­fen ā€“ mit einer soziĀ­al gerechĀ­ten WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik und einer faiĀ­ren VerĀ­teiĀ­lung des WohlĀ­stanĀ­des. So wĆ¼rĀ­de ihm der NƤhrĀ­boĀ­den entzogen.

FebruĀ­ar 2025. Die EntĀ­wickĀ­lung ist furchtĀ­erreĀ­gend: Ein euroĀ­pƤiĀ­sches Land nach dem andeĀ­ren fƤllt der extreĀ­men RechĀ­ten in die HƤnĀ­de. FlackerĀ­te der FaschisĀ­mus nach der JahrĀ­tauĀ­sendĀ­wenĀ­de zunƤchst meist nur in den eheĀ­maĀ­liĀ­gen OstĀ­blockĀ­staaĀ­ten auf, so ist heuĀ­te WestĀ­euĀ­roĀ­pa Opfer seiĀ­nes VorĀ­marĀ­sches ā€“ ausĀ­geĀ­rechĀ­net jener Teil des KonĀ­tiĀ­nents also, der glaubĀ­te, die LehĀ­ren aus NatioĀ­nalĀ­soĀ­ziaĀ­lisĀ­mus und RechtsĀ­extreĀ­misĀ­mus gezoĀ­gen zu haben.

BeflĆ¼Ā­gelt durch Donald Trumps Wahl zum US-PrƤĀ­siĀ­denĀ­ten, rufen EuroĀ­pas FaschiĀ­sten denn auch bereits ein neuĀ­es, autoĀ­riĀ­tƤĀ­res ZeitĀ­alĀ­ter aus ā€“ ein ZeitĀ­alĀ­ter der kruĀ­den MachtĀ­poĀ­liĀ­tik, der nichts heiĀ­lig ist. Weder FreiĀ­heit noch FairĀ­ness. Weder MenĀ­schenĀ­rechĀ­te noch SelbstĀ­beĀ­stimĀ­mung. Weder Umwelt noch KliĀ­ma. Nichts.

HelĀ­fersĀ­helĀ­fer des Faschismus

Ihre HelĀ­fersĀ­helĀ­fer sind dabei stets die gleiĀ­chen: die etaĀ­blierĀ­ten konĀ­serĀ­vaĀ­tiĀ­ven und bĆ¼rĀ­gerĀ­liĀ­chen ParĀ­teiĀ­en. Ob in ItaĀ­liĀ­en, SchweĀ­den, den NieĀ­derĀ­lanĀ­den oder DeutschĀ­land ā€“ Ć¼berĀ­all verĀ­abĀ­schieĀ­den sich die einst verĀ­meintĀ­liĀ­chen GaranĀ­ten von DemoĀ­kraĀ­tie, RechtsĀ­staat und MenĀ­schenĀ­rechĀ­ten von ihren PrinĀ­ziĀ­piĀ­en, koalieĀ­ren mit rechtsĀ­extreĀ­men ParĀ­teiĀ­en und ebnen ihnen den Weg zur Macht und in die MitĀ­te der Gesellschaft.

Die BrandĀ­mauĀ­er gegen den FaschisĀ­mus entĀ­puppt sich als IlluĀ­siĀ­on. Im ZweiĀ­felsĀ­fall marĀ­schieĀ­ren die bĆ¼rĀ­gerĀ­liĀ­chen KrƤfĀ­te lieĀ­ber mit illiĀ­beĀ­raĀ­len ParĀ­teiĀ­en, als sich mit der demoĀ­kraĀ­tiĀ­schen LinĀ­ken zu verĀ­bĆ¼nĀ­den. Denn in einem zenĀ­traĀ­len PoliĀ­tikĀ­feld unterĀ­scheiĀ­den sich BĆ¼rĀ­gerĀ­liĀ­che und RechtsĀ­extreĀ­me kaum: BeiĀ­de verĀ­treĀ­ten eine WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik, die auf MarktĀ­raĀ­diĀ­kaĀ­liĀ­tƤt beruht, UnterĀ­nehĀ­men und KapiĀ­tal freie Hand gewƤhrt und ein StaatsĀ­konĀ­zept proĀ­paĀ­giert, das die ƶffentĀ­liĀ­che Hand als ErfĆ¼lĀ­lungsĀ­geĀ­hilĀ­fin der WirtĀ­schaftsĀ­inĀ­terĀ­esĀ­sen sieht ā€“ notĀ­falls auch auf Kosten der BevƶlĀ­keĀ­rung und der Ɩkologie.

KataĀ­stroĀ­phe mit Ansage

DarĀ­um erstaunt es nicht, dass der Virus des FaschisĀ­mus heuĀ­te epiĀ­deĀ­misch aufĀ­tritt. Die KataĀ­stroĀ­phe war bereits kurz nach dem ZusamĀ­menĀ­bruch des SowjetĀ­komĀ­muĀ­nisĀ­mus vorĀ­ausĀ­sehĀ­bar. Denn mit ihm trat eine neue VerĀ­heiĀ­ssung auf den Plan, vor der KriĀ­tiĀ­ker lanĀ­ge verĀ­gebĀ­lich gewarnt hatĀ­ten: die IdeoĀ­loĀ­gie des NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus. Ihr trĆ¼Ā­geĀ­riĀ­sches VerĀ­spreĀ­chen: WohlĀ­stand durch EntĀ­fesĀ­seĀ­lung der MarktĀ­krƤfĀ­te, freiĀ­en HanĀ­del sowie rigoĀ­roĀ­sen SteuĀ­er- und Staatsabbau.

HeuĀ­te wisĀ­sen wir: Der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus schaffĀ­te zwar WachsĀ­tum, aber noch mehr schuf er ungeĀ­heuĀ­re UngleichĀ­heit mit vieĀ­len VerĀ­lieĀ­rern und weniĀ­gen GewinĀ­nern. Die ProĀ­fiĀ­teuĀ­re sind in extreĀ­mem MasĀ­se BanĀ­ken, KonĀ­zerĀ­ne und Tech-GiganĀ­ten, kapiĀ­talĀ­starĀ­ke InveĀ­stoĀ­ren, MegaĀ­reiĀ­che und ErbĀ­schaftsĀ­milĀ­liĀ­arĀ­dƤĀ­re. Sie bilĀ­den einen neuĀ­en GeldĀ­adel, wie es ihn nie zuvor gegeĀ­ben hat. Sie sind unvorĀ­stellĀ­bar reich, Ć¼ben oft ohne demoĀ­kraĀ­tiĀ­sche LegiĀ­tiĀ­maĀ­tiĀ­on poliĀ­tiĀ­sche Macht aus und konĀ­diĀ­tioĀ­nieĀ­ren das Leben von MilĀ­liĀ­arĀ­den Menschen.

Musk ā€“ die SpitĀ­ze der AbsurditƤt

DieĀ­se AbsurĀ­diĀ­tƤt perĀ­soĀ­niĀ­fiĀ­ziert sich in Elon Musk: AusĀ­geĀ­statĀ­tet mit 400 MilĀ­liĀ­arĀ­den DolĀ­lar VerĀ­mƶĀ­gen und faschiĀ­stoĀ­iden AllĀ­machtsĀ­fanĀ­taĀ­sien berauscht er sich derĀ­zeit darĀ­an, die DemoĀ­kraĀ­tie und ihre InstiĀ­tuĀ­tioĀ­nen in den USA zu zerĀ­trĆ¼mĀ­mern. Selbst ein ProĀ­dukt des NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus, lƤuĀ­tet Musk nun desĀ­sen letzĀ­te PhaĀ­se ein und macht ihn vollĀ­ends zum WerkĀ­zeug von WillĀ­kĆ¼rĀ­herrĀ­schaft und Autokratie.

Die MƤr vom Ā«WanĀ­del durch HandelĀ»

AutoĀ­kraĀ­tie pur ist auch das, was der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus gloĀ­bal angeĀ­richĀ­tet hat. Einst stellĀ­te er mit der ForĀ­mel Ā«WanĀ­del durch HanĀ­delĀ» in AusĀ­sicht, dass die Welt dank wirtĀ­schaftĀ­liĀ­chen AusĀ­tauschs mit autoĀ­riĀ­tƤĀ­ren RegiĀ­men demoĀ­kraĀ­tiĀ­scher und sicheĀ­rer werĀ­de. Doch das GegenĀ­teil geschah: Der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus brachĀ­te StaaĀ­ten wie ChiĀ­na, RussĀ­land und IndiĀ­en InveĀ­stiĀ­tioĀ­nen, ArbeitsĀ­plƤtĀ­ze und TechĀ­noĀ­loĀ­gie ā€“ aber keiĀ­nen GeiĀ­stesĀ­wanĀ­del. Je reiĀ­cher sie wurĀ­den, desto totaĀ­liĀ­tƤĀ­rer und antiĀ­deĀ­moĀ­kraĀ­tiĀ­scher wurĀ­den sie.

GleichĀ­zeiĀ­tig hat der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus den Westen enorm verĀ­letzĀ­lich gemacht. Die AbhƤnĀ­gigĀ­keit der DemoĀ­kraĀ­tien von AutoĀ­kraĀ­tien hat sich erhƶht ā€“ und nicht umgeĀ­kehrt, wie verĀ­sproĀ­chen. Die AutoĀ­kraĀ­tien sitĀ­zen oft am lƤnĀ­geĀ­ren Hebel ā€“ etwa RussĀ­land mit seiĀ­nen RohĀ­stofĀ­fen oder ChiĀ­na mit seiĀ­ner FerĀ­tiĀ­gungsĀ­inĀ­duĀ­strie ā€“ und missĀ­brauĀ­chen den Zugang zum WeltĀ­markt, um ihre poliĀ­tiĀ­sche und miliĀ­tƤĀ­riĀ­sche HegeĀ­moĀ­nie auszubauen.

GebeuĀ­telĀ­te MitĀ­telĀ­schicht im Westen

Den hƶchĀ­sten und schmerzĀ­hafĀ­teĀ­sten Preis fĆ¼r den NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus aber zahlĀ­te die breiĀ­te BevƶlĀ­keĀ­rung in den LƤnĀ­dern des Westens ā€“ insĀ­beĀ­sonĀ­deĀ­re die unteĀ­re MitĀ­telĀ­schicht mit bescheiĀ­deĀ­ner BilĀ­dung und mƤssiĀ­gen BerufsĀ­chanĀ­cen: von der VerĀ­kƤuĀ­feĀ­rin Ć¼ber die SerĀ­viceĀ­anĀ­geĀ­stellĀ­te bis zur ReiĀ­niĀ­gungsĀ­kraft, vom ChaufĀ­feur Ć¼ber den LogiĀ­stiĀ­ker und den KranĀ­kenĀ­pfleĀ­ger bis hin zur FachĀ­kraft sowie dem KleinĀ­unĀ­terĀ­nehĀ­mer und den SelbĀ­stƤnĀ­digĀ­erĀ­werĀ­benĀ­den. Sie sind die groĀ­ssen VerĀ­lieĀ­rer von DereĀ­guĀ­lieĀ­rung, PriĀ­vaĀ­tiĀ­sieĀ­rung und Globalisierung.

Dies geschah einerĀ­seits, indem AberĀ­milĀ­lioĀ­nen einst ordentĀ­lich bezahlĀ­ter Jobs in der InduĀ­strie und im DienstĀ­leiĀ­stungsĀ­sekĀ­tor in BilĀ­ligĀ­lohnĀ­lƤnĀ­der des SĆ¼dens und des Ostens verĀ­laĀ­gert wurĀ­den. Und andeĀ­rerĀ­seits, indem die neoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­le PoliĀ­tik die ZuwanĀ­deĀ­rung von MenĀ­schen aus armen LƤnĀ­dern in die reiĀ­chen VolksĀ­wirtĀ­schafĀ­ten befeuĀ­erĀ­te ā€“ was vor allem in jenen StaaĀ­ten zu LohnĀ­druck und KonĀ­kurĀ­renz fĆ¼hrĀ­te, die keiĀ­ne soziaĀ­len MassĀ­nahĀ­men zum Schutz des ArbeitsĀ­markĀ­tes ergriffen.

In der EuroĀ­pƤiĀ­schen UniĀ­on verĀ­lief dieĀ­ser ProĀ­zess schleiĀ­chend und fĆ¼hrĀ­te zu staĀ­gnieĀ­renĀ­den EinĀ­komĀ­men, JugendĀ­arĀ­beitsĀ­loĀ­sigĀ­keit und wachĀ­senĀ­der PreĀ­kaĀ­riĀ­sieĀ­rung. In den USA, mit einer traĀ­diĀ­tioĀ­nell ohneĀ­hin schwaĀ­chen soziaĀ­len AbsiĀ­cheĀ­rung, traf es die MitĀ­telĀ­schicht mit volĀ­ler Wucht ā€“ insĀ­beĀ­sonĀ­deĀ­re im RostĀ­gĆ¼rĀ­tel. AusĀ­laĀ­geĀ­rung, OutĀ­sourĀ­cing und der AusĀ­verĀ­kauf ganĀ­zer InduĀ­strieĀ­zweiĀ­ge hinĀ­terĀ­lieĀ­ssen FabrikĀ­ruiĀ­nen, MasĀ­senĀ­arĀ­beitsĀ­loĀ­sigĀ­keit und wachĀ­senĀ­de Verzweiflung.

KomĀ­pliĀ­zen im Ungeist

Das ist fatal fĆ¼r wohlĀ­haĀ­benĀ­de, demoĀ­kraĀ­tiĀ­sche GesellĀ­schafĀ­ten. Wer trotz Arbeit und Fleiss nicht vom Fleck kommt, fĆ¼hlt sich gedeĀ­mĆ¼Ā­tigt. Wer fĆ¼rchĀ­tet, dass es seiĀ­nen KinĀ­dern derĀ­einst nicht besĀ­ser, sonĀ­dern schlechĀ­ter gehen wird, verĀ­liert den GlauĀ­ben an die Zukunft. Und wer soziĀ­al absteigt und Angst haben muss, sein StĆ¼ckĀ­chen WohlĀ­stand zu verĀ­lieĀ­ren, sucht SchulĀ­diĀ­ge. So wird die DemoĀ­kraĀ­tie von innen herĀ­aus zerĀ­setzt und die MenĀ­schen werĀ­den anfƤlĀ­lig fĆ¼r autoĀ­riĀ­tƤĀ­re PoliĀ­tik. Genau das ist der NƤhrĀ­boĀ­den, auf dem FaschisĀ­mus wƤchst.

Der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus entĀ­puppt sich damit als KomĀ­pliĀ­ze des FaschisĀ­mus. Was er gesƤt hat, ernĀ­tet nun der andeĀ­re: beƤngĀ­stiĀ­genĀ­de WahlĀ­sieĀ­ge, die aus dem GefĆ¼hl vieĀ­ler MenĀ­schen entĀ­steĀ­hen, bedroht zu sein und nicht das zu erhalĀ­ten, was ihnen zusteht. Das ist die WunĀ­de, in die der FaschisĀ­mus hinĀ­einĀ­sticht, indem er verĀ­spricht, die KonĀ­trolĀ­le Ć¼ber das eigeĀ­ne Leben und das eigeĀ­ne Land zurĆ¼ckĀ­zuĀ­hoĀ­len und die verĀ­meintĀ­lich VerĀ­antĀ­wortĀ­liĀ­chen zur RechenĀ­schaft zu ziehen.

Die LĆ¼ge des Faschismus

Doch das ist eine LĆ¼ge. Der FaschisĀ­mus bringt keiĀ­ne HeiĀ­lung, sonĀ­dern VerĀ­blenĀ­dung. Er benennt die wahĀ­ren wirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tiĀ­schen UrsaĀ­chen nicht, die zu MigraĀ­tiĀ­on, VerĀ­lustĀ­Ć¤ngĀ­sten und soziaĀ­lem Abstieg fĆ¼hĀ­ren, sonĀ­dern lenkt vielĀ­mehr davon ab. Er tut dies, indem er eine angebĀ­lich homoĀ­geĀ­ne MehrĀ­heit von Ā«norĀ­maĀ­len, hart arbeiĀ­tenĀ­den MenĀ­schenĀ» als Opfer von MinĀ­derĀ­heiĀ­ten darĀ­stellt: von ethĀ­niĀ­schen, geschlechtĀ­liĀ­chen und poliĀ­tiĀ­schen GrupĀ­pen, die der MehrĀ­heit verĀ­meintĀ­lich einen andeĀ­ren LebensĀ­stil aufĀ­zwinĀ­gen und sie ausĀ­nutĀ­zen wolĀ­len. Das ist das toxiĀ­sche NarĀ­raĀ­tiv des Faschismus.

Das funkĀ­tioĀ­niert ā€“ und zwar leiĀ­der fĆ¼rchĀ­terĀ­lich gut. Die HetĀ­ze gegen MigranĀ­tinĀ­nen und MigranĀ­ten, FlĆ¼chtĀ­linĀ­ge, queĀ­eĀ­re MenĀ­schen, FemiĀ­niĀ­stinĀ­nen und Ā«Links-GrĆ¼n-VerĀ­siffĀ­teĀ» sowie gegen LGBTQ, WokeĀ­ness, Anti-RasĀ­sisĀ­mus und Ā«MeTooĀ» lieĀ­fert SĆ¼nĀ­denĀ­bƶcke und sugĀ­geĀ­riert, dass sich dieĀ­se GrupĀ­pen AnsprĆ¼Ā­che und RechĀ­te herĀ­ausĀ­nehĀ­men wĆ¼rĀ­den, die die MehrĀ­heit benachĀ­teiĀ­ligĀ­ten und deren Leben verĀ­schlechĀ­terĀ­ten. Und je schrilĀ­ler die DebatĀ­te darĀ­Ć¼ber tobt, desto mehr verĀ­dichĀ­tet sich bei vieĀ­len, vorĀ­ab entĀ­tƤuschĀ­ten und unpoĀ­liĀ­tiĀ­schen MenĀ­schen der Anschein, dass dem tatĀ­sƤchĀ­lich so ist.

Das macht es schwieĀ­rig, den FaschisĀ­mus bei dieĀ­sen TheĀ­men zu bekƤmpĀ­fen. MigraĀ­tiĀ­on ist seit jeher ein ReizĀ­theĀ­ma fĆ¼r GesellĀ­schafĀ­ten, die unter Druck steĀ­hen und mit UngleichĀ­heit und WohlĀ­standsĀ­geĀ­fƤlĀ­le rinĀ­gen. Und die AnlieĀ­gen von ethĀ­niĀ­schen, gesellĀ­schaftĀ­liĀ­chen und sexuĀ­elĀ­len MinĀ­derĀ­heiĀ­ten sind ā€“ mƶgen sie noch so legiĀ­tim und gerechtĀ­ferĀ­tigt sein ā€“ vom AllĀ­tagsĀ­leĀ­ben der MehrĀ­heit der MenĀ­schen meist so weit entĀ­fernt, dass sie oft auf UnverĀ­stƤndĀ­nis stoĀ­ssen und proĀ­voĀ­kaĀ­tiv wirĀ­ken. BeiĀ­des ist somit prƤĀ­deĀ­stiĀ­niert fĆ¼r rechtsĀ­extreĀ­men Populismus.

FaschisĀ­mus demaskieren

Umso mehr sind die demoĀ­kraĀ­tiĀ­schen KrƤfĀ­te geforĀ­dert, den FaschisĀ­mus auf ein andeĀ­res TerĀ­rain zu zwinĀ­gen ā€“ nƤmĀ­lich dortĀ­hin, wo die tatĀ­sƤchĀ­liĀ­chen SorĀ­gen der breiĀ­ten BevƶlĀ­keĀ­rung lieĀ­gen: bei staĀ­gnieĀ­renĀ­den LƶhĀ­nen, schwinĀ­denĀ­der KaufĀ­kraft, WohĀ­nungsĀ­not, steiĀ­genĀ­den MieĀ­ten, wachĀ­senĀ­den LebensĀ­halĀ­tungs- und GesundĀ­heitsĀ­koĀ­sten, sinĀ­kenĀ­den RenĀ­ten und dem fortĀ­schreiĀ­tenĀ­den Abbau des SerĀ­vice public. Hier, bei dieĀ­sen TheĀ­men, lieĀ­gen die MehrĀ­heiĀ­ten, die es braucht, um die DemoĀ­kraĀ­tie zu verĀ­teiĀ­diĀ­gen und den FaschisĀ­mus zu stoppen.

Den MenĀ­schen muss bewusst gemacht werĀ­den, dass ihr difĀ­fuĀ­ses UnbeĀ­haĀ­gen berechĀ­tigt ist ā€“ dass die UrsaĀ­chen jedoch nicht in MigraĀ­tiĀ­on, KulĀ­turĀ­kampf und IdenĀ­tiĀ­tƤtsĀ­poĀ­liĀ­tik lieĀ­gen, sonĀ­dern in einer WirtĀ­schaftsĀ­ordĀ­nung, die den von uns allen gemeinĀ­sam erwirtĀ­schafĀ­teĀ­ten WohlĀ­stand immer ungleiĀ­cher verĀ­teilt und in die HƤnĀ­de einer kleiĀ­nen OberĀ­schicht lenkt. DesĀ­halb muss der ƶffentĀ­liĀ­che DisĀ­kurs viel stƤrĀ­ker auf FraĀ­gen der VerĀ­teiĀ­lungsĀ­geĀ­rechĀ­tigĀ­keit ausĀ­geĀ­richĀ­tet und offenĀ­geĀ­legt werĀ­den, worĀ­an das System in Tat und WahrĀ­heit krankt.

Gelingt dies, wird der FaschisĀ­mus demasĀ­kiert. Denn dann muss er erklƤĀ­ren, wesĀ­halb er die MigraĀ­tiĀ­on verĀ­teuĀ­felt, nicht aber die WirtĀ­schaft, die die ZuwanĀ­deĀ­rung erst verĀ­urĀ­sacht ā€“ weil sie lieĀ­ber gĆ¼nĀ­stiĀ­ges PerĀ­soĀ­nal aus dem AusĀ­land einĀ­stellt als EinĀ­heiĀ­miĀ­sche. Oder warĀ­um er stets vom Ā«arbeiĀ­tenĀ­den VolkĀ» spricht, aber nichts gegen LohnĀ­dumĀ­ping unterĀ­nimmt, stattĀ­desĀ­sen jedoch MinĀ­destĀ­lƶhĀ­ne und TarifĀ­verĀ­trƤĀ­ge bekƤmpft. Oder warĀ­um er der MitĀ­telĀ­schicht den Abbau von RenĀ­ten und ƶffentĀ­liĀ­chen DienstĀ­leiĀ­stunĀ­gen zumuĀ­tet, wƤhĀ­rend er MilĀ­liĀ­arĀ­dƤĀ­ren und der finanzĀ­starĀ­ken OberĀ­schicht SteuĀ­erĀ­priĀ­viĀ­leĀ­giĀ­en gewƤhrt.

Das PorteĀ­monĀ­naie zƤhlt

Wer es daher ernst meint mit der VerĀ­teiĀ­diĀ­gung der DemoĀ­kraĀ­tie, forĀ­dert zualĀ­lerĀ­erst eine soziaĀ­le WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik oder das, was man frĆ¼Ā­her, zu WestĀ­euĀ­roĀ­pas besĀ­seĀ­ren ZeiĀ­ten, soziaĀ­le MarktĀ­wirtĀ­schaft nannĀ­te. Eine WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik, die mit einer RĆ¼ckĀ­verĀ­teiĀ­lung von oben nach unten, einem gerechĀ­ten SteuĀ­erĀ­syĀ­stem und einer DisĀ­ziĀ­pliĀ­nieĀ­rung der KonĀ­zerĀ­ne dafĆ¼r sorgt, dass den LeuĀ­ten mit norĀ­maĀ­lem EinĀ­komĀ­men am Ende des Monats mehr Geld in der Tasche bleibt, dass ihre KinĀ­der eine gute AusĀ­bilĀ­dung bekomĀ­men, die GrossĀ­elĀ­tern eine anstƤnĀ­diĀ­ge RenĀ­te haben und der Staat da ist, wenn man ihn braucht. Eine solĀ­che PoliĀ­tik brƤchĀ­te das GrundĀ­verĀ­trauĀ­en und den ZukunftsĀ­glauĀ­ben zurĆ¼ck, die der NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus zerĀ­stƶrt hat, und wƤre die drinĀ­gend benƶĀ­tigĀ­te kraftĀ­volĀ­le AntĀ­wort auf den Faschismus.

Joe Biden, wohl der beste US-PrƤĀ­siĀ­dent der jĆ¼nĀ­geĀ­ren Zeit, hatĀ­te das erkannt: Er brach mit der MarktĀ­glƤuĀ­bigĀ­keit und lanĀ­cierĀ­te eine keyneĀ­siaĀ­niĀ­sche WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik mit MilĀ­liĀ­arĀ­denĀ­inĀ­veĀ­stiĀ­tioĀ­nen in InfraĀ­strukĀ­tur und KliĀ­maĀ­schutz sowie der FƶrĀ­deĀ­rung der MitĀ­telĀ­schicht. Doch sein Pech war, dass er zu spƤt kam und PrƤĀ­siĀ­dent einer NatiĀ­on war, die durch den FaschisĀ­mus und den KulĀ­turĀ­kampf der radiĀ­kaĀ­liĀ­sierĀ­ten RepuĀ­bliĀ­kaĀ­ner demoĀ­kraĀ­tieĀ­poĀ­liĀ­tisch und intelĀ­lekĀ­tuĀ­ell bereits zu stark verĀ­gifĀ­tet und zerĀ­rĆ¼tĀ­tet worĀ­den ist.

Die Ā«FĆ¼nfĀ­te KolonĀ­neĀ» in Europa

DasĀ­selĀ­be SchickĀ­sal droht auch EuroĀ­pa. Trumps rechtsĀ­extreĀ­me Ā«FĆ¼nfĀ­te KolonĀ­neĀ» marĀ­schiert bedrohĀ­lich vorĀ­an, angeĀ­fĆ¼hrt von OrbĆ”n, MeloĀ­ni, Kickl, WeiĀ­del, WilĀ­ders, Le Pen und FaraĀ­ge. Sie sƤen ZwieĀ­tracht, spalĀ­ten die GesellĀ­schaft und kƶdern eine gebeuĀ­telĀ­te MitĀ­tel- und UnterĀ­schicht mit dem VerĀ­spreĀ­chen von natioĀ­naĀ­ler GrƶĀ­sse, wƤhĀ­rend sie hinĀ­ter den KulisĀ­sen mit KonĀ­zerĀ­nen, GeldĀ­adel und einĀ­flussĀ­reiĀ­chen EliĀ­ten pakĀ­tieĀ­ren ā€“ ganz so, wie es der FaschisĀ­mus schon vor 80 JahĀ­ren tat.

Noch stemmt sich ein erhebĀ­liĀ­cher Teil der BevƶlĀ­keĀ­rung gegen den RĆ¼ckĀ­fall in eine dunkĀ­le Zukunft. Dass die soziaĀ­le GerechĀ­tigĀ­keit dabei eine wirkĀ­saĀ­me WafĀ­fe ist, belegt nicht zuletzt die stockĀ­bĆ¼rĀ­gerĀ­liĀ­che Schweiz: In der jĆ¼ngĀ­sten Zeit gelang es, mit InitiaĀ­tiĀ­ven zur GesundĀ­heitsĀ­verĀ­sorĀ­gung, zum LohnĀ­schutz und zur AltersĀ­vorĀ­sorĀ­ge sowie mit RefeĀ­renĀ­den gegen den Abbau von RenĀ­ten und MieĀ­terĀ­schutz breiĀ­te UnterĀ­stĆ¼tĀ­zung fĆ¼r EleĀ­menĀ­te einer soziaĀ­len WirtĀ­schaftsĀ­poĀ­liĀ­tik zu gewinĀ­nen ā€“ und dies trotz des WiderĀ­stands eines immer aggresĀ­siĀ­ver agieĀ­renĀ­den rechĀ­ten MehrĀ­heitsĀ­blocks aus SVP und FDP.

Doch die Zeit drƤngt: Das Tor zur HƶlĀ­le wird sich in EuroĀ­pa nur dann nicht weiĀ­ter ƶffĀ­nen, wenn die LinĀ­ke sich nicht in fruchtĀ­loĀ­sen KulĀ­turĀ­kƤmpĀ­fen verĀ­stricken lƤsst und wenn in der demoĀ­kraĀ­tiĀ­schen MitĀ­te endĀ­lich die ErkenntĀ­nis reift, dass die PoliĀ­tik nicht danach zu fraĀ­gen hat, was KonĀ­zerĀ­ne, LobĀ­byĀ­grupĀ­pen und SuperĀ­reiĀ­che wolĀ­len, sonĀ­dern einĀ­zig, was dem reaĀ­len Wohl der breiĀ­ten BevƶlĀ­keĀ­rung und ihrem Wunsch nach einem norĀ­maĀ­len Leben in WĆ¼rĀ­de und in mateĀ­riĀ­elĀ­ler SicherĀ­heit dient.

Das ist die simpĀ­le WahrĀ­heit: EntĀ­weĀ­der erhalĀ­ten die EntĀ­tƤuschĀ­ten und VerĀ­lieĀ­rer des NeoĀ­liĀ­beĀ­raĀ­lisĀ­mus in den westĀ­liĀ­chen LƤnĀ­dern wieĀ­der einen grƶĀ­sseĀ­ren Anteil am gesellĀ­schaftĀ­liĀ­chen WohlĀ­stand ā€“ oder sie werĀ­den endĀ­gĆ¼lĀ­tig zum FussĀ­volk des Faschismus.

Autor: WalĀ­ter Langenegger

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