
Knapp am 66. Grad des PolarÂkreiÂses, 750 KiloÂmeÂter nördÂlich von HelÂsinÂki, 100 KiloÂmeÂter westÂlich der rusÂsiÂschen GrenÂze und 120 KiloÂmeÂter östÂlich von der KĂĽste des BotÂtÂniÂschen MeerÂbuÂsens entÂfernt: Hier liegt Iso-SyöÂte in FinÂnisch-LappÂland. Ein Ort in der MitÂte von NirÂgendÂwo. 200 MenÂschen leben hier — von der ForstÂwirtÂschaft und vor allem vom TouÂrisÂmus. DarÂum herÂum: norÂdiÂscher Wald bis TunÂdra-Wald in einer einÂsaÂmen, weitÂläuÂfiÂgen HĂĽgelÂlandÂschaft unter einem weitÂgeÂspannÂten Himmelszelt.
Dass dem so ist, ist gewollt und ResulÂtat bĂĽrÂgerÂliÂcher MehrÂheitsÂpoÂliÂtik. Sie oriÂenÂtiert sich seit ĂĽber 30 JahÂren an einer neoÂliÂbeÂraÂlen Wirtschafts‑, Finanz‑, SteuÂer- und SoziÂalÂpoÂliÂtik und hat mit PriÂvaÂtiÂsieÂrung, DereÂguÂlieÂrung, LibeÂraÂliÂsieÂrung und StaatsÂabÂbau eine unheilÂvolÂle finanÂziÂelÂle UmschichÂtung von unten nach oben in Gang gesetzt. HeuÂte hebt sich eine kleiÂne, priÂviÂleÂgierÂte Schicht von SuperÂreiÂchen und VerÂmöÂgenÂden immer stärÂker vom Rest der BevölÂkeÂrung ab, die insÂbeÂsonÂdeÂre in den letzÂten JahÂren finanÂziÂell immer mehr unter Druck gerät.
UngeÂrechÂtes Steuersystem
AugenÂfälÂlig ist dieÂse EntÂwickÂlung besonÂders bei der SteuÂerÂbeÂlaÂstung: Nach JahrÂzehnÂten des SteuÂerÂbaus zeigt sich deutÂlich, wer vom System proÂfiÂtiert: die hohen EinÂkomÂmen und VerÂmöÂgenÂden. Wer eine MilÂliÂon verÂdient, zahlt heuÂte 20 ProÂzent weniÂger SteuÂern als frĂĽÂher. FĂĽr alle andeÂren mit DurchÂschnittsÂlöhÂnen hat sich indes nichts geänÂdert: Sie traÂgen die gleiÂche SteuÂerÂlast wie noch 1990.
GraÂfik
Grund dafĂĽr ist, dass Bund und KanÂtoÂne jahÂreÂlang gezielt nur die proÂgresÂsiv bzw. soziÂal ausÂgeÂstalÂteÂten SteuÂern wie etwa jene der EinÂkomÂmenÂsteuÂern mitÂtels TarifÂsenÂkunÂgen oder SteuÂerÂabÂzĂĽÂgen reduÂzierÂten. Das bevorÂteilt die hohen EinÂkomÂmen; allen andeÂren indes bringt dies nur miniÂmaÂle SteuÂerÂersparÂnisÂse. Im GegenÂzug erhöhÂte die PoliÂtik auf allen EbeÂnen die indiÂrekÂten SteuÂern wie AbgaÂben, GebĂĽhÂren und MehrÂwertÂsteuÂer, jĂĽngst etwa fĂĽr die AHV21. DieÂse SteuÂern wirÂken wie KopfÂsteuÂern und belaÂsten das BudÂget der unteÂren und mittÂleÂren LohnÂklasÂsen ungleich stärÂker als jenes der Oberschicht.
HinÂzu kommt, dass die FinanzÂlobÂby in den ParÂlaÂmenÂten auch tieÂfeÂre KapiÂtalÂgeÂwinnÂsteuÂern durchÂsetÂzen konnÂte. Seit 2000 sanÂken sie um einen FĂĽnfÂtel. Die SteuÂern auf Arbeit dageÂgen nahÂmen zu, und zwar um 3,9 ProÂzent. Damit wurÂden jene belohnt, die ihr Geld an der BörÂse verÂdieÂnen, und jene bestraft, die einer BerufsÂarÂbeit nachgehen.
Das Fazit nach 30 JahÂren NeoÂliÂbeÂraÂlisÂmus in der Schweiz: Oben verÂteilÂten die BĂĽrÂgerÂliÂchen GeschenÂke, unten forÂderÂten sie Opfer ein.
KopfÂsteuÂern statt soziaÂler Prämien
DieÂses Muster zieht sich wie ein roter Faden durch alle verÂteiÂlungsÂpoÂliÂtiÂschen BereiÂche. Ein BeiÂspiel dafĂĽr sind die KranÂkenÂkasÂsenÂpräÂmiÂen. FrĂĽÂher subÂvenÂtioÂnierÂte sie der Staat aus dem allÂgeÂmeiÂnen SteuÂerÂhausÂhalt und hielt sie auf dieÂse WeiÂse tief. Mit dem neuÂen KranÂkenÂverÂsiÂcheÂrungsÂgeÂsetz 1994 (KVG) wurÂden die Kosten aber in groÂssem Umfang auf die VerÂsiÂcherÂten ĂĽberÂwälzt. SeitÂher haben sich die PräÂmiÂen mehr als verdoppelt.
GraÂfik
Die unteÂren EinÂkomÂmen erhalÂten zwar eine PräÂmiÂenÂverÂbilÂliÂgung, nicht aber die MitÂtelÂklasÂse. Sie leiÂdet daher am stärkÂsten unter den als KopfÂsteuÂern ausÂgeÂstalÂteÂten PräÂmiÂen. Geschont wird dageÂgen die OberÂschicht: Ihr machen die steiÂgenÂden PräÂmiÂen nichts aus, weil sie im VerÂhältÂnis zum hohen EinÂkomÂmen und zur gerinÂgen SteuÂerÂlast keiÂnen wesentÂliÂchen AusÂgaÂbenÂpoÂsten darÂstelÂlen. Oder anders gesagt: Die OberÂschicht wurÂde mit dem KVG und den SteuÂerÂsenÂkunÂgen sozuÂsaÂgen aus ihrer soliÂdaÂriÂschen Pflicht entlassen.
MieÂter am kĂĽrÂzeÂren Hebel
Was MitÂtelÂklasÂse und GeringÂverÂdieÂnenÂde ebenÂfalls stark belaÂstet, sind die MieÂten. Trotz sinÂkenÂder HypoÂtheÂkarÂzinÂsen sind sie in den letzÂten 16 JahÂren um ĂĽber 22 ProÂzent gestieÂgen. Dies nicht, weil zu weniÂge WohÂnunÂgen erstellt worÂden wären; im GegenÂteil, es wird masÂsiv gebaut. Der Grund ist vielÂmehr, dass die VerÂmieÂter die WohÂnungsÂknappÂheit zur RenÂdiÂte-OptiÂmieÂrung ausÂnutÂzen und entÂgeÂgen dem MietÂrecht fakÂtisch die MarktÂmieÂte durchÂsetÂzen. Sie erhöÂhen oft widerÂrechtÂlich die MieÂten und geben die ZinsÂsenÂkunÂgen nicht wie vorÂgeÂschrieÂben weiÂter. Denn sie wisÂsen: MieÂteÂrinÂnen und MieÂter wehÂren sich kaum, weil sie die WohÂnung nicht verÂlieÂren wolÂlen und SankÂtioÂnen befĂĽrchten.
GraÂfik
Dass sich die ImmoÂbiÂliÂenÂbranÂche dies leiÂsten kann, hat mit ihrer starÂken LobÂby im ParÂlaÂment zu tun, einem schwaÂchen Staat, dem die InstruÂmenÂte zum VollÂzug des MietÂgeÂsetÂzes fehÂlen, und einer MieÂterÂschaft, die nur schlecht orgaÂniÂsiert ist, obwohl sie ĂĽber eine MehrÂheit verÂfĂĽgt. PoliÂtiÂsche PasÂsiÂviÂtät sorgt somit dafĂĽr, dass die MieÂter am kĂĽrÂzeÂren Hebel sitzen.
Wer kann, der ersteht daher WohnÂeiÂgenÂtum, zumal dieÂses steuÂerÂbeÂgĂĽnÂstigt ist und letztÂlich gĂĽnÂstiÂger kommt als eine MietÂwohÂnung. Aber so sehr sich dies vieÂle MitÂtelÂklasÂse-FamiÂliÂen auch wĂĽnÂschen: Sie werÂden kaum je in der Lage sein, das nötiÂge EigenÂkaÂpiÂtal aufzubringen.
Hohe RenÂdiÂten, tieÂfe Löhne
Zu alleÂdem kommt hinÂzu, dass die LöhÂne hinÂter der WirtÂschaftsÂleiÂstung hinÂterÂherÂhinÂken, was ebenÂfalls auch die MitÂtelÂklasÂse trifft. In den letzÂten zwanÂzig JahÂren nahm die WertÂschöpÂfung der GesamtÂwirtÂschaft zwar um 32 ProÂzent zu. Aber die norÂmaÂlen LöhÂne stieÂgen nur zwiÂschen 17 und 19 ProÂzent an. EinÂzig die Top-LöhÂne schosÂsen durch die Decke.
GraÂfik
Auch das ist eine Form ungeÂrechÂter UmverÂteiÂlung. TieÂfe LöhÂne bei hoher ProÂdukÂtiÂviÂtät bedeuÂtet, dass die Arbeit ungeÂnĂĽÂgend entÂlöhnt und in Form von ĂĽberÂhöhÂten RenÂdiÂten von den AktioÂnäÂren abgeÂschöpft wird. Mit GesamtÂarÂbeitsÂverÂträÂgen verÂsuÂchen die GewerkÂschafÂten zwar, GegenÂsteuÂer zu geben. Da sich aber vieÂle MenÂschen in der Schweiz oft einer höheÂren sozioÂökoÂnoÂmiÂschen Schicht zurechÂnen als dies tatÂsächÂlich der Fall ist, sind sie gewerkÂschaftsÂkriÂtisch. Je tieÂfer der OrgaÂniÂsaÂtiÂonsÂgrad der ArbeitÂnehÂmer-OrgaÂniÂsaÂtioÂnen aber ist, desto schwieÂriÂger wird es, poliÂtiÂschen und wirtÂschaftÂliÂchen Druck fĂĽr gerechÂteÂre LöhÂne zu entwickeln.
SinÂkenÂde Renten
Was mit dem AusÂeinÂanÂderÂgeÂhen der LohnÂscheÂre beginnt, setzt sich bei den RenÂten fort: TieÂfeÂre LöhÂne bedeuÂten tieÂfeÂre RenÂten, vor allem in der berufÂliÂchen VorÂsorÂge (BVG). Obwohl die BVG-LohnÂbeiÂträÂge seit JahÂren konÂtiÂnuÂierÂlich steiÂgen, sind die RenÂten im SinkÂflug. Mit der jĂĽngst, gegen den WilÂlen der LinÂken beschlosÂseÂnen BVG-ReviÂsiÂon wird sich dieÂse TenÂdenz weiÂter verschärfen.
GraÂfik
Die FinanzÂwirtÂschaft begrĂĽnÂdet die sinÂkenÂden BVG-RenÂten nicht zuletzt mit der DemoÂgraÂfie. Das freiÂlich ist ein fataÂles ArguÂment. Denn das BVG wurÂde 1985 geraÂde mit dem VerÂspreÂchen einÂgeÂfĂĽhrt, die AltersÂvorÂsorÂge dank KapiÂtalÂmarkt-FinanÂzieÂrung robuÂster zu machen gegen die zunehÂmenÂde AlteÂrung der GesellÂschaft. DieÂses VerÂspreÂchen entÂpuppt sich heuÂte als ein groÂsser IrrÂtum, der uns immer teuÂrer zu steÂhen kommt.
EinÂziÂger LichtÂblick bleibt damit die AHV. Schon seit JahÂren totÂgeÂsagt, benöÂtigt sie trotz steiÂgenÂder RentÂnerÂzahÂlen nach wie vor viel weniÂger MitÂtel als das BVG und ist nach wie vor ein wichÂtiÂges InstruÂment gegen die Altersarmut.
MitÂtelÂkasÂse zwiÂschen HamÂmer und Amboss
All dieÂse ZahÂlen und StaÂtiÂstiÂken machen klar, dass sich die Schweiz entÂgeÂgen unseÂrem SelbstÂbildÂnis in einer unheilÂvolÂlen SpiÂraÂle bewegt. Zwar steigt das WirtÂschaftsÂwachsÂtum konÂtiÂnuÂierÂlich an und macht das Land immer reiÂcher. Doch dieÂser ReichÂtum, tägÂlich erarÂbeiÂtet von MilÂlioÂnen von ArbeitÂnehÂmenÂden, erreicht die MehrÂheit der BevölÂkeÂrung nicht mehr. Er bleibt in den obeÂren SchichÂten hänÂgen, wähÂrend unten nicht mehr viel ankommt.
Dies trifft die ganÂze BevölÂkeÂrung und insÂbeÂsonÂdeÂre die MitÂtelÂklasÂse, das FunÂdaÂment jeder funkÂtioÂnieÂrenÂden GesellÂschaft. Je gröÂsser die UnterÂschieÂde bei VerÂmöÂgen und EinÂkomÂmen, sind, desto mehr gerät sie zwiÂschen HamÂmer und Amboss.
Die FolÂge davon ist: Vor 30 JahÂren hatÂte die MitÂtelÂklasÂse noch die PerÂspekÂtiÂve, ihren gesellÂschaftÂliÂchen StaÂtus und deren ihrer KinÂder weiÂter zu verÂbesÂsern. Von dieÂser VorÂstelÂlung mĂĽsÂsen sie sich immer mehr MenÂschen verÂabÂschieÂden. EntÂweÂder gehöÂren sie zu den weniÂgen, die auf der RollÂtrepÂpe steÂhen. Oder sie stramÂpelt sich ab, ohne wirkÂlich richÂtig vorwärtszukommen.
Das macht unser Land immer mehr zu einer armen reiÂchen Schweiz.
WalÂter Langenegger
(1) Alle GraÂfiÂken sind entÂnomÂmen aus dem AnaÂlyÂseÂpaÂpier „Die KaufÂkraft ist unter Druck“ von SP-NatioÂnalÂräÂtin SamiÂra MarÂti. Die Ă–koÂnoÂmin hat das Papier im JanuÂar 2003 verÂfasst und publiziert.
(2) Die Pro-Kopf-AngaÂben basieÂren auf der ZahÂlen des BunÂdesÂamÂtes fĂĽr StaÂtiÂstik unter dem Link: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/querschnittsthemen/wohlfahrtsmessung/alle-indikatoren/wirtschaft/vermoegen-haushalte.html
GraÂfik
Dass dem so ist, ist gewollt und ResulÂtat bĂĽrÂgerÂliÂcher MehrÂheitsÂpoÂliÂtik. Sie oriÂenÂtiert sich seit ĂĽber 30 JahÂren an einer neoÂliÂbeÂraÂlen Wirtschafts‑, Finanz‑, SteuÂer- und SoziÂalÂpoÂliÂtik und hat mit PriÂvaÂtiÂsieÂrung, DereÂguÂlieÂrung, LibeÂraÂliÂsieÂrung und StaatsÂabÂbau eine unheilÂvolÂle finanÂziÂelÂle UmschichÂtung von unten nach oben in Gang gesetzt. HeuÂte hebt sich eine kleiÂne, priÂviÂleÂgierÂte Schicht von SuperÂreiÂchen und VerÂmöÂgenÂden immer stärÂker vom Rest der BevölÂkeÂrung ab, die insÂbeÂsonÂdeÂre in den letzÂten JahÂren finanÂziÂell immer mehr unter Druck gerät.
UngeÂrechÂtes Steuersystem
AugenÂfälÂlig ist dieÂse EntÂwickÂlung besonÂders bei der SteuÂerÂbeÂlaÂstung: Nach JahrÂzehnÂten des SteuÂerÂbaus zeigt sich deutÂlich, wer vom System proÂfiÂtiert: die hohen EinÂkomÂmen und VerÂmöÂgenÂden. Wer eine MilÂliÂon verÂdient, zahlt heuÂte 20 ProÂzent weniÂger SteuÂern als frĂĽÂher. FĂĽr alle andeÂren mit DurchÂschnittsÂlöhÂnen hat sich indes nichts geänÂdert: Sie traÂgen die gleiÂche SteuÂerÂlast wie noch 1990.
GraÂfik
Grund dafĂĽr ist, dass Bund und KanÂtoÂne jahÂreÂlang gezielt nur die proÂgresÂsiv bzw. soziÂal ausÂgeÂstalÂteÂten SteuÂern wie etwa jene der EinÂkomÂmenÂsteuÂern mitÂtels TarifÂsenÂkunÂgen oder SteuÂerÂabÂzĂĽÂgen reduÂzierÂten. Das bevorÂteilt die hohen EinÂkomÂmen; allen andeÂren indes bringt dies nur miniÂmaÂle SteuÂerÂersparÂnisÂse. Im GegenÂzug erhöhÂte die PoliÂtik auf allen EbeÂnen die indiÂrekÂten SteuÂern wie AbgaÂben, GebĂĽhÂren und MehrÂwertÂsteuÂer, jĂĽngst etwa fĂĽr die AHV21. DieÂse SteuÂern wirÂken wie KopfÂsteuÂern und belaÂsten das BudÂget der unteÂren und mittÂleÂren LohnÂklasÂsen ungleich stärÂker als jenes der Oberschicht.
HinÂzu kommt, dass die FinanzÂlobÂby in den ParÂlaÂmenÂten auch tieÂfeÂre KapiÂtalÂgeÂwinnÂsteuÂern durchÂsetÂzen konnÂte. Seit 2000 sanÂken sie um einen FĂĽnfÂtel. Die SteuÂern auf Arbeit dageÂgen nahÂmen zu, und zwar um 3,9 ProÂzent. Damit wurÂden jene belohnt, die ihr Geld an der BörÂse verÂdieÂnen, und jene bestraft, die einer BerufsÂarÂbeit nachgehen.
Das Fazit nach 30 JahÂren NeoÂliÂbeÂraÂlisÂmus in der Schweiz: Oben verÂteilÂten die BĂĽrÂgerÂliÂchen GeschenÂke, unten forÂderÂten sie Opfer ein.
KopfÂsteuÂern statt soziaÂler Prämien
DieÂses Muster zieht sich wie ein roter Faden durch alle verÂteiÂlungsÂpoÂliÂtiÂschen BereiÂche. Ein BeiÂspiel dafĂĽr sind die KranÂkenÂkasÂsenÂpräÂmiÂen. FrĂĽÂher subÂvenÂtioÂnierÂte sie der Staat aus dem allÂgeÂmeiÂnen SteuÂerÂhausÂhalt und hielt sie auf dieÂse WeiÂse tief. Mit dem neuÂen KranÂkenÂverÂsiÂcheÂrungsÂgeÂsetz 1994 (KVG) wurÂden die Kosten aber in groÂssem Umfang auf die VerÂsiÂcherÂten ĂĽberÂwälzt. SeitÂher haben sich die PräÂmiÂen mehr als verdoppelt.
GraÂfik
Die unteÂren EinÂkomÂmen erhalÂten zwar eine PräÂmiÂenÂverÂbilÂliÂgung, nicht aber die MitÂtelÂklasÂse. Sie leiÂdet daher am stärkÂsten unter den als KopfÂsteuÂern ausÂgeÂstalÂteÂten PräÂmiÂen. Geschont wird dageÂgen die OberÂschicht: Ihr machen die steiÂgenÂden PräÂmiÂen nichts aus, weil sie im VerÂhältÂnis zum hohen EinÂkomÂmen und zur gerinÂgen SteuÂerÂlast keiÂnen wesentÂliÂchen AusÂgaÂbenÂpoÂsten darÂstelÂlen. Oder anders gesagt: Die OberÂschicht wurÂde mit dem KVG und den SteuÂerÂsenÂkunÂgen sozuÂsaÂgen aus ihrer soliÂdaÂriÂschen Pflicht entlassen.
MieÂter am kĂĽrÂzeÂren Hebel
Was MitÂtelÂklasÂse und GeringÂverÂdieÂnenÂde ebenÂfalls stark belaÂstet, sind die MieÂten. Trotz sinÂkenÂder HypoÂtheÂkarÂzinÂsen sind sie in den letzÂten 16 JahÂren um ĂĽber 22 ProÂzent gestieÂgen. Dies nicht, weil zu weniÂge WohÂnunÂgen erstellt worÂden wären; im GegenÂteil, es wird masÂsiv gebaut. Der Grund ist vielÂmehr, dass die VerÂmieÂter die WohÂnungsÂknappÂheit zur RenÂdiÂte-OptiÂmieÂrung ausÂnutÂzen und entÂgeÂgen dem MietÂrecht fakÂtisch die MarktÂmieÂte durchÂsetÂzen. Sie erhöÂhen oft widerÂrechtÂlich die MieÂten und geben die ZinsÂsenÂkunÂgen nicht wie vorÂgeÂschrieÂben weiÂter. Denn sie wisÂsen: MieÂteÂrinÂnen und MieÂter wehÂren sich kaum, weil sie die WohÂnung nicht verÂlieÂren wolÂlen und SankÂtioÂnen befĂĽrchten.
GraÂfik
Dass sich die ImmoÂbiÂliÂenÂbranÂche dies leiÂsten kann, hat mit ihrer starÂken LobÂby im ParÂlaÂment zu tun, einem schwaÂchen Staat, dem die InstruÂmenÂte zum VollÂzug des MietÂgeÂsetÂzes fehÂlen, und einer MieÂterÂschaft, die nur schlecht orgaÂniÂsiert ist, obwohl sie ĂĽber eine MehrÂheit verÂfĂĽgt. PoliÂtiÂsche PasÂsiÂviÂtät sorgt somit dafĂĽr, dass die MieÂter am kĂĽrÂzeÂren Hebel sitzen.
Wer kann, der ersteht daher WohnÂeiÂgenÂtum, zumal dieÂses steuÂerÂbeÂgĂĽnÂstigt ist und letztÂlich gĂĽnÂstiÂger kommt als eine MietÂwohÂnung. Aber so sehr sich dies vieÂle MitÂtelÂklasÂse-FamiÂliÂen auch wĂĽnÂschen: Sie werÂden kaum je in der Lage sein, das nötiÂge EigenÂkaÂpiÂtal aufzubringen.
Hohe RenÂdiÂten, tieÂfe Löhne
Zu alleÂdem kommt hinÂzu, dass die LöhÂne hinÂter der WirtÂschaftsÂleiÂstung hinÂterÂherÂhinÂken, was ebenÂfalls auch die MitÂtelÂklasÂse trifft. In den letzÂten zwanÂzig JahÂren nahm die WertÂschöpÂfung der GesamtÂwirtÂschaft zwar um 32 ProÂzent zu. Aber die norÂmaÂlen LöhÂne stieÂgen nur zwiÂschen 17 und 19 ProÂzent an. EinÂzig die Top-LöhÂne schosÂsen durch die Decke.
GraÂfik
Auch das ist eine Form ungeÂrechÂter UmverÂteiÂlung. TieÂfe LöhÂne bei hoher ProÂdukÂtiÂviÂtät bedeuÂtet, dass die Arbeit ungeÂnĂĽÂgend entÂlöhnt und in Form von ĂĽberÂhöhÂten RenÂdiÂten von den AktioÂnäÂren abgeÂschöpft wird. Mit GesamtÂarÂbeitsÂverÂträÂgen verÂsuÂchen die GewerkÂschafÂten zwar, GegenÂsteuÂer zu geben. Da sich aber vieÂle MenÂschen in der Schweiz oft einer höheÂren sozioÂökoÂnoÂmiÂschen Schicht zurechÂnen als dies tatÂsächÂlich der Fall ist, sind sie gewerkÂschaftsÂkriÂtisch. Je tieÂfer der OrgaÂniÂsaÂtiÂonsÂgrad der ArbeitÂnehÂmer-OrgaÂniÂsaÂtioÂnen aber ist, desto schwieÂriÂger wird es, poliÂtiÂschen und wirtÂschaftÂliÂchen Druck fĂĽr gerechÂteÂre LöhÂne zu entwickeln.
SinÂkenÂde Renten
Was mit dem AusÂeinÂanÂderÂgeÂhen der LohnÂscheÂre beginnt, setzt sich bei den RenÂten fort: TieÂfeÂre LöhÂne bedeuÂten tieÂfeÂre RenÂten, vor allem in der berufÂliÂchen VorÂsorÂge (BVG). Obwohl die BVG-LohnÂbeiÂträÂge seit JahÂren konÂtiÂnuÂierÂlich steiÂgen, sind die RenÂten im SinkÂflug. Mit der jĂĽngst, gegen den WilÂlen der LinÂken beschlosÂseÂnen BVG-ReviÂsiÂon wird sich dieÂse TenÂdenz weiÂter verschärfen.
GraÂfik
Die FinanzÂwirtÂschaft begrĂĽnÂdet die sinÂkenÂden BVG-RenÂten nicht zuletzt mit der DemoÂgraÂfie. Das freiÂlich ist ein fataÂles ArguÂment. Denn das BVG wurÂde 1985 geraÂde mit dem VerÂspreÂchen einÂgeÂfĂĽhrt, die AltersÂvorÂsorÂge dank KapiÂtalÂmarkt-FinanÂzieÂrung robuÂster zu machen gegen die zunehÂmenÂde AlteÂrung der GesellÂschaft. DieÂses VerÂspreÂchen entÂpuppt sich heuÂte als ein groÂsser IrrÂtum, der uns immer teuÂrer zu steÂhen kommt.
EinÂziÂger LichtÂblick bleibt damit die AHV. Schon seit JahÂren totÂgeÂsagt, benöÂtigt sie trotz steiÂgenÂder RentÂnerÂzahÂlen nach wie vor viel weniÂger MitÂtel als das BVG und ist nach wie vor ein wichÂtiÂges InstruÂment gegen die Altersarmut.
MitÂtelÂkasÂse zwiÂschen HamÂmer und Amboss
All dieÂse ZahÂlen und StaÂtiÂstiÂken machen klar, dass sich die Schweiz entÂgeÂgen unseÂrem SelbstÂbildÂnis in einer unheilÂvolÂlen SpiÂraÂle bewegt. Zwar steigt das WirtÂschaftsÂwachsÂtum konÂtiÂnuÂierÂlich an und macht das Land immer reiÂcher. Doch dieÂser ReichÂtum, tägÂlich erarÂbeiÂtet von MilÂlioÂnen von ArbeitÂnehÂmenÂden, erreicht die MehrÂheit der BevölÂkeÂrung nicht mehr. Er bleibt in den obeÂren SchichÂten hänÂgen, wähÂrend unten nicht mehr viel ankommt.
Dies trifft die ganÂze BevölÂkeÂrung und insÂbeÂsonÂdeÂre die MitÂtelÂklasÂse, das FunÂdaÂment jeder funkÂtioÂnieÂrenÂden GesellÂschaft. Je gröÂsser die UnterÂschieÂde bei VerÂmöÂgen und EinÂkomÂmen, sind, desto mehr gerät sie zwiÂschen HamÂmer und Amboss.
Die FolÂge davon ist: Vor 30 JahÂren hatÂte die MitÂtelÂklasÂse noch die PerÂspekÂtiÂve, ihren gesellÂschaftÂliÂchen StaÂtus und deren ihrer KinÂder weiÂter zu verÂbesÂsern. Von dieÂser VorÂstelÂlung mĂĽsÂsen sie sich immer mehr MenÂschen verÂabÂschieÂden. EntÂweÂder gehöÂren sie zu den weniÂgen, die auf der RollÂtrepÂpe steÂhen. Oder sie stramÂpelt sich ab, ohne wirkÂlich richÂtig vorwärtszukommen.
Das macht unser Land immer mehr zu einer armen reiÂchen Schweiz.
WalÂter Langenegger
(1) Alle GraÂfiÂken sind entÂnomÂmen aus dem AnaÂlyÂseÂpaÂpier „Die KaufÂkraft ist unter Druck“ von SP-NatioÂnalÂräÂtin SamiÂra MarÂti. Die Ă–koÂnoÂmin hat das Papier im JanuÂar 2003 verÂfasst und publiziert.
(2) Die Pro-Kopf-AngaÂben basieÂren auf der ZahÂlen des BunÂdesÂamÂtes fĂĽr StaÂtiÂstik unter dem Link: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/querschnittsthemen/wohlfahrtsmessung/alle-indikatoren/wirtschaft/vermoegen-haushalte.htm




WinÂterÂzauÂber …
Ende DezemÂber ist es hier eisigÂkalt und stockÂdunÂkel. FahÂles TagesÂlicht scheint in dieÂser Zeit bestenÂfalls zwiÂschen 10 und 15 Uhr. Und die TemÂpeÂraÂtuÂren sinÂken locker bis 20 Grad unter null. Und trotzÂdem ist der Ort volÂler WinÂterÂzauÂber. Je kälÂter es ist, desto fasÂziÂnieÂrenÂder die weiÂsse, lautÂloÂse und stilÂle norÂdiÂsche LandÂschaft, deren FichÂten, BirÂken und Espen wie in Schnee gekleiÂdeÂte WächÂter aus UrzeiÂten erscheiÂnen. Und wenn die DunÂkelÂheit das weniÂge TagesÂlicht verÂschluckt hat, sorgt die klirÂrenÂde KälÂte fĂĽr einen klaÂren, sterÂnenÂĂĽberÂsäÂten HimÂmel, der die UnendÂlichÂkeit des WeltÂalls spĂĽrÂbar erahÂnen lässt.




… und Feuerfuchs
Ist das GlĂĽck einem hold, erscheiÂnen auf den mit MilÂliÂarÂden leuchÂtenÂder FunÂken besetzÂten NachtÂhimÂmel die NordÂlichÂter. Von Auge geseÂhen ist das PhäÂnoÂmen ein sich steÂtig verÂänÂdernÂdes, rieÂsiÂges und hellÂgrĂĽÂnes sowie hellÂroÂtes LeuchÂten am HoriÂzont, surÂreÂal und nicht von dieÂser Welt. Und fängt man es mit der KameÂra ein, verÂstärÂken sich FarÂbenÂpracht und Form, so dass es ausÂsieht wie ein magiÂscher VorÂhang, der von den SterÂnen herunterhängt.
„RevonÂtuÂlet“, so nenÂnen die FinÂnen die PolarÂlichÂter. ĂśberÂsetzt bedeuÂtet es „FeuÂerÂfuchs“. Die Sage besagt, dass Ruhm und ReichÂtum jene erwarÂten, der den FeuÂerÂfuchs fanÂgen. Nun, nur schon sein Anblick ist ein wahÂres Geschenk …

