Die Schweiz ist ein reiĀches Land. Das sagen die StaĀtiĀstiĀken, und das weiss jedes Kind. DarĀum glauĀben vieĀle MenĀschen hierĀzuĀlanĀde, selbst ein wenig reich zu sein und minĀdeĀstens der MitĀtelĀklasĀse anzuĀgeĀhƶĀren ā oder sogar einer noch etwas wohlĀhaĀbenĀdeĀren Schicht. Doch SelbstĀwahrĀnehĀmung und ReaĀliĀtƤt klafĀfen ausĀeinĀanĀder. VieĀle überĀschƤtĀzen ihren sozioĀƶkoĀnoĀmiĀschen StaĀtus. Auch das zeiĀgen die StaĀtiĀstiĀken1*.
MƤrz 2023. Wie trüĀgeĀrisch das SelbstĀbildĀnis der Schweiz ist, offenĀbart sich bei der VerĀteiĀlung des ReichĀtums. Das reichĀste ProĀzent verĀfügt über 44,3 ProĀzent aller VerĀmƶĀgen. Damit besitĀzen rund 80ā000 MenĀschen unglaubĀliĀche 2ā000 MilĀliĀarĀden FranĀken oder 25 MilĀlioĀnen pro Kopf. Für 90 ProĀzent der BevƶlĀkeĀrung bleiĀben hinĀgeĀgen ledigĀlich 23,5 ProĀzent der insĀgeĀsamt 4500 MilĀliĀarĀden VerĀmƶĀgen oder 150ā000 FranĀken pro Kopf ā und zwar wohlĀverĀstanĀden inkluĀsiĀve der indiĀviĀduĀelĀlen GutĀhaĀben in den PenĀsiĀonsĀkasĀsen2*. Die VerĀmƶĀgensĀunĀgleichĀheit in der Schweiz ist damit enorm und noch grƶĀsser als in den VerĀeiĀnigĀten StaaĀten, dem kapiĀtaĀliĀstischĀsten Staat der Welt!
Dass dem so ist, ist gewollt und ResulĀtat bürĀgerĀliĀcher MehrĀheitsĀpoĀliĀtik. Sie oriĀenĀtiert sich seit über 30 JahĀren an einer neoĀliĀbeĀraĀlen Wirtschaftsā, Finanzā, SteuĀer- und SoziĀalĀpoĀliĀtik und hat mit PriĀvaĀtiĀsieĀrung, DereĀguĀlieĀrung, LibeĀraĀliĀsieĀrung und StaatsĀabĀbau eine unheilĀvolĀle finanĀziĀelĀle UmschichĀtung von unten nach oben in Gang gesetzt. HeuĀte hebt sich eine kleiĀne, priĀviĀleĀgierĀte Schicht von SuperĀreiĀchen und VerĀmƶĀgenĀden immer stƤrĀker vom Rest der BevƶlĀkeĀrung ab, die insĀbeĀsonĀdeĀre in den letzĀten JahĀren finanĀziĀell immer mehr unter Druck gerƤt.
UngeĀrechĀtes Steuersystem
AugenĀfƤlĀlig ist dieĀse EntĀwickĀlung besonĀders bei der SteuĀerĀbeĀlaĀstung: Nach JahrĀzehnĀten des SteuĀerĀbaus zeigt sich deutĀlich, wer vom System proĀfiĀtiert: die hohen EinĀkomĀmen und VerĀmƶĀgenĀden. Wer eine MilĀliĀon verĀdient, zahlt heuĀte 20 ProĀzent weniĀger SteuĀern als früĀher. Für alle andeĀren mit DurchĀschnittsĀlƶhĀnen hat sich indes nichts geƤnĀdert: Sie traĀgen die gleiĀche SteuĀerĀlast wie noch 1990.
GraĀfik
Grund dafür ist, dass Bund und KanĀtoĀne jahĀreĀlang gezielt nur die proĀgresĀsiv bzw. soziĀal ausĀgeĀstalĀteĀten SteuĀern wie etwa jene der EinĀkomĀmenĀsteuĀern mitĀtels TarifĀsenĀkunĀgen oder SteuĀerĀabĀzüĀgen reduĀzierĀten. Das bevorĀteilt die hohen EinĀkomĀmen; allen andeĀren indes bringt dies nur miniĀmaĀle SteuĀerĀersparĀnisĀse. Im GegenĀzug erhƶhĀte die PoliĀtik auf allen EbeĀnen die indiĀrekĀten SteuĀern wie AbgaĀben, GebühĀren und MehrĀwertĀsteuĀer, jüngst etwa für die AHV21. DieĀse SteuĀern wirĀken wie KopfĀsteuĀern und belaĀsten das BudĀget der unteĀren und mittĀleĀren LohnĀklasĀsen ungleich stƤrĀker als jenes der Oberschicht.
HinĀzu kommt, dass die FinanzĀlobĀby in den ParĀlaĀmenĀten auch tieĀfeĀre KapiĀtalĀgeĀwinnĀsteuĀern durchĀsetĀzen konnĀte. Seit 2000 sanĀken sie um einen FünfĀtel. Die SteuĀern auf Arbeit dageĀgen nahĀmen zu, und zwar um 3,9 ProĀzent. Damit wurĀden jene belohnt, die ihr Geld an der BƶrĀse verĀdieĀnen, und jene bestraft, die einer BerufsĀarĀbeit nachgehen.
Das Fazit nach 30 JahĀren NeoĀliĀbeĀraĀlisĀmus in der Schweiz: Oben verĀteilĀten die BürĀgerĀliĀchen GeschenĀke, unten forĀderĀten sie Opfer ein.
KopfĀsteuĀern statt soziaĀler PrƤmien
DieĀses Muster zieht sich wie ein roter Faden durch alle verĀteiĀlungsĀpoĀliĀtiĀschen BereiĀche. Ein BeiĀspiel dafür sind die KranĀkenĀkasĀsenĀprƤĀmiĀen. FrüĀher subĀvenĀtioĀnierĀte sie der Staat aus dem allĀgeĀmeiĀnen SteuĀerĀhausĀhalt und hielt sie auf dieĀse WeiĀse tief. Mit dem neuĀen KranĀkenĀverĀsiĀcheĀrungsĀgeĀsetz 1994 (KVG) wurĀden die Kosten aber in groĀssem Umfang auf die VerĀsiĀcherĀten überĀwƤlzt. SeitĀher haben sich die PrƤĀmiĀen mehr als verdoppelt.
GraĀfik
Die unteĀren EinĀkomĀmen erhalĀten zwar eine PrƤĀmiĀenĀverĀbilĀliĀgung, nicht aber die MitĀtelĀklasĀse. Sie leiĀdet daher am stƤrkĀsten unter den als KopfĀsteuĀern ausĀgeĀstalĀteĀten PrƤĀmiĀen. Geschont wird dageĀgen die OberĀschicht: Ihr machen die steiĀgenĀden PrƤĀmiĀen nichts aus, weil sie im VerĀhƤltĀnis zum hohen EinĀkomĀmen und zur gerinĀgen SteuĀerĀlast keiĀnen wesentĀliĀchen AusĀgaĀbenĀpoĀsten darĀstelĀlen. Oder anders gesagt: Die OberĀschicht wurĀde mit dem KVG und den SteuĀerĀsenĀkunĀgen sozuĀsaĀgen aus ihrer soliĀdaĀriĀschen Pflicht entlassen.
MieĀter am kürĀzeĀren Hebel
Was MitĀtelĀklasĀse und GeringĀverĀdieĀnenĀde ebenĀfalls stark belaĀstet, sind die MieĀten. Trotz sinĀkenĀder HypoĀtheĀkarĀzinĀsen sind sie in den letzĀten 16 JahĀren um über 22 ProĀzent gestieĀgen. Dies nicht, weil zu weniĀge WohĀnunĀgen erstellt worĀden wƤren; im GegenĀteil, es wird masĀsiv gebaut. Der Grund ist vielĀmehr, dass die VerĀmieĀter die WohĀnungsĀknappĀheit zur RenĀdiĀte-OptiĀmieĀrung ausĀnutĀzen und entĀgeĀgen dem MietĀrecht fakĀtisch die MarktĀmieĀte durchĀsetĀzen. Sie erhƶĀhen oft widerĀrechtĀlich die MieĀten und geben die ZinsĀsenĀkunĀgen nicht wie vorĀgeĀschrieĀben weiĀter. Denn sie wisĀsen: MieĀteĀrinĀnen und MieĀter wehĀren sich kaum, weil sie die WohĀnung nicht verĀlieĀren wolĀlen und SankĀtioĀnen befürchten.
GraĀfik
Dass sich die ImmoĀbiĀliĀenĀbranĀche dies leiĀsten kann, hat mit ihrer starĀken LobĀby im ParĀlaĀment zu tun, einem schwaĀchen Staat, dem die InstruĀmenĀte zum VollĀzug des MietĀgeĀsetĀzes fehĀlen, und einer MieĀterĀschaft, die nur schlecht orgaĀniĀsiert ist, obwohl sie über eine MehrĀheit verĀfügt. PoliĀtiĀsche PasĀsiĀviĀtƤt sorgt somit dafür, dass die MieĀter am kürĀzeĀren Hebel sitzen.
Wer kann, der ersteht daher WohnĀeiĀgenĀtum, zumal dieĀses steuĀerĀbeĀgünĀstigt ist und letztĀlich günĀstiĀger kommt als eine MietĀwohĀnung. Aber so sehr sich dies vieĀle MitĀtelĀklasĀse-FamiĀliĀen auch wünĀschen: Sie werĀden kaum je in der Lage sein, das nƶtiĀge EigenĀkaĀpiĀtal aufzubringen.
Hohe RenĀdiĀten, tieĀfe Lƶhne
Zu alleĀdem kommt hinĀzu, dass die LƶhĀne hinĀter der WirtĀschaftsĀleiĀstung hinĀterĀherĀhinĀken, was ebenĀfalls auch die MitĀtelĀklasĀse trifft. In den letzĀten zwanĀzig JahĀren nahm die WertĀschƶpĀfung der GesamtĀwirtĀschaft zwar um 32 ProĀzent zu. Aber die norĀmaĀlen LƶhĀne stieĀgen nur zwiĀschen 17 und 19 ProĀzent an. EinĀzig die Top-LƶhĀne schosĀsen durch die Decke.
GraĀfik
Auch das ist eine Form ungeĀrechĀter UmverĀteiĀlung. TieĀfe LƶhĀne bei hoher ProĀdukĀtiĀviĀtƤt bedeuĀtet, dass die Arbeit ungeĀnüĀgend entĀlƶhnt und in Form von überĀhƶhĀten RenĀdiĀten von den AktioĀnƤĀren abgeĀschƶpft wird. Mit GesamtĀarĀbeitsĀverĀtrƤĀgen verĀsuĀchen die GewerkĀschafĀten zwar, GegenĀsteuĀer zu geben. Da sich aber vieĀle MenĀschen in der Schweiz oft einer hƶheĀren sozioĀƶkoĀnoĀmiĀschen Schicht zurechĀnen als dies tatĀsƤchĀlich der Fall ist, sind sie gewerkĀschaftsĀkriĀtisch. Je tieĀfer der OrgaĀniĀsaĀtiĀonsĀgrad der ArbeitĀnehĀmer-OrgaĀniĀsaĀtioĀnen aber ist, desto schwieĀriĀger wird es, poliĀtiĀschen und wirtĀschaftĀliĀchen Druck für gerechĀteĀre LƶhĀne zu entwickeln.
SinĀkenĀde Renten
Was mit dem AusĀeinĀanĀderĀgeĀhen der LohnĀscheĀre beginnt, setzt sich bei den RenĀten fort: TieĀfeĀre LƶhĀne bedeuĀten tieĀfeĀre RenĀten, vor allem in der berufĀliĀchen VorĀsorĀge (BVG). Obwohl die BVG-LohnĀbeiĀtrƤĀge seit JahĀren konĀtiĀnuĀierĀlich steiĀgen, sind die RenĀten im SinkĀflug. Mit der jüngst, gegen den WilĀlen der LinĀken beschlosĀseĀnen BVG-ReviĀsiĀon wird sich dieĀse TenĀdenz weiĀter verschƤrfen.
GraĀfik
Die FinanzĀwirtĀschaft begrünĀdet die sinĀkenĀden BVG-RenĀten nicht zuletzt mit der DemoĀgraĀfie. Das freiĀlich ist ein fataĀles ArguĀment. Denn das BVG wurĀde 1985 geraĀde mit dem VerĀspreĀchen einĀgeĀführt, die AltersĀvorĀsorĀge dank KapiĀtalĀmarkt-FinanĀzieĀrung robuĀster zu machen gegen die zunehĀmenĀde AlteĀrung der GesellĀschaft. DieĀses VerĀspreĀchen entĀpuppt sich heuĀte als ein groĀsser IrrĀtum, der uns immer teuĀrer zu steĀhen kommt.
EinĀziĀger LichtĀblick bleibt damit die AHV. Schon seit JahĀren totĀgeĀsagt, benƶĀtigt sie trotz steiĀgenĀder RentĀnerĀzahĀlen nach wie vor viel weniĀger MitĀtel als das BVG und ist nach wie vor ein wichĀtiĀges InstruĀment gegen die Altersarmut.
MitĀtelĀkasĀse zwiĀschen HamĀmer und Amboss
All dieĀse ZahĀlen und StaĀtiĀstiĀken machen klar, dass sich die Schweiz entĀgeĀgen unseĀrem SelbstĀbildĀnis in einer unheilĀvolĀlen SpiĀraĀle bewegt. Zwar steigt das WirtĀschaftsĀwachsĀtum konĀtiĀnuĀierĀlich an und macht das Land immer reiĀcher. Doch dieĀser ReichĀtum, tƤgĀlich erarĀbeiĀtet von MilĀlioĀnen von ArbeitĀnehĀmenĀden, erreicht die MehrĀheit der BevƶlĀkeĀrung nicht mehr. Er bleibt in den obeĀren SchichĀten hƤnĀgen, wƤhĀrend unten nicht mehr viel ankommt.
Dies trifft die ganĀze BevƶlĀkeĀrung und insĀbeĀsonĀdeĀre die MitĀtelĀklasĀse, das FunĀdaĀment jeder funkĀtioĀnieĀrenĀden GesellĀschaft. Je grƶĀsser die UnterĀschieĀde bei VerĀmƶĀgen und EinĀkomĀmen, sind, desto mehr gerƤt sie zwiĀschen HamĀmer und Amboss.
Die FolĀge davon ist: Vor 30 JahĀren hatĀte die MitĀtelĀklasĀse noch die PerĀspekĀtiĀve, ihren gesellĀschaftĀliĀchen StaĀtus und deren ihrer KinĀder weiĀter zu verĀbesĀsern. Von dieĀser VorĀstelĀlung müsĀsen sie sich immer mehr MenĀschen verĀabĀschieĀden. EntĀweĀder gehƶĀren sie zu den weniĀgen, die auf der RollĀtrepĀpe steĀhen. Oder sie stramĀpelt sich ab, ohne wirkĀlich richĀtig vorwƤrtszukommen.
Das macht unser Land immer mehr zu einer armen reiĀchen Schweiz.
WalĀter Langenegger
(1) Alle GraĀfiĀken sind entĀnomĀmen aus dem AnaĀlyĀseĀpaĀpier āDie KaufĀkraft ist unter Druckā von SP-NatioĀnalĀrƤĀtin SamiĀra MarĀti. Die ĆkoĀnoĀmin hat das Papier im JanuĀar 2003 verĀfasst und publiziert.
(2) Die Pro-Kopf-AngaĀben basieĀren auf der ZahĀlen des BunĀdesĀamĀtes für StaĀtiĀstik unter dem Link: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/querschnittsthemen/wohlfahrtsmessung/alle-indikatoren/wirtschaft/vermoegen-haushalte.html
GraĀfik
Dass dem so ist, ist gewollt und ResulĀtat bürĀgerĀliĀcher MehrĀheitsĀpoĀliĀtik. Sie oriĀenĀtiert sich seit über 30 JahĀren an einer neoĀliĀbeĀraĀlen Wirtschaftsā, Finanzā, SteuĀer- und SoziĀalĀpoĀliĀtik und hat mit PriĀvaĀtiĀsieĀrung, DereĀguĀlieĀrung, LibeĀraĀliĀsieĀrung und StaatsĀabĀbau eine unheilĀvolĀle finanĀziĀelĀle UmschichĀtung von unten nach oben in Gang gesetzt. HeuĀte hebt sich eine kleiĀne, priĀviĀleĀgierĀte Schicht von SuperĀreiĀchen und VerĀmƶĀgenĀden immer stƤrĀker vom Rest der BevƶlĀkeĀrung ab, die insĀbeĀsonĀdeĀre in den letzĀten JahĀren finanĀziĀell immer mehr unter Druck gerƤt.
UngeĀrechĀtes Steuersystem
AugenĀfƤlĀlig ist dieĀse EntĀwickĀlung besonĀders bei der SteuĀerĀbeĀlaĀstung: Nach JahrĀzehnĀten des SteuĀerĀbaus zeigt sich deutĀlich, wer vom System proĀfiĀtiert: die hohen EinĀkomĀmen und VerĀmƶĀgenĀden. Wer eine MilĀliĀon verĀdient, zahlt heuĀte 20 ProĀzent weniĀger SteuĀern als früĀher. Für alle andeĀren mit DurchĀschnittsĀlƶhĀnen hat sich indes nichts geƤnĀdert: Sie traĀgen die gleiĀche SteuĀerĀlast wie noch 1990.
GraĀfik
Grund dafür ist, dass Bund und KanĀtoĀne jahĀreĀlang gezielt nur die proĀgresĀsiv bzw. soziĀal ausĀgeĀstalĀteĀten SteuĀern wie etwa jene der EinĀkomĀmenĀsteuĀern mitĀtels TarifĀsenĀkunĀgen oder SteuĀerĀabĀzüĀgen reduĀzierĀten. Das bevorĀteilt die hohen EinĀkomĀmen; allen andeĀren indes bringt dies nur miniĀmaĀle SteuĀerĀersparĀnisĀse. Im GegenĀzug erhƶhĀte die PoliĀtik auf allen EbeĀnen die indiĀrekĀten SteuĀern wie AbgaĀben, GebühĀren und MehrĀwertĀsteuĀer, jüngst etwa für die AHV21. DieĀse SteuĀern wirĀken wie KopfĀsteuĀern und belaĀsten das BudĀget der unteĀren und mittĀleĀren LohnĀklasĀsen ungleich stƤrĀker als jenes der Oberschicht.
HinĀzu kommt, dass die FinanzĀlobĀby in den ParĀlaĀmenĀten auch tieĀfeĀre KapiĀtalĀgeĀwinnĀsteuĀern durchĀsetĀzen konnĀte. Seit 2000 sanĀken sie um einen FünfĀtel. Die SteuĀern auf Arbeit dageĀgen nahĀmen zu, und zwar um 3,9 ProĀzent. Damit wurĀden jene belohnt, die ihr Geld an der BƶrĀse verĀdieĀnen, und jene bestraft, die einer BerufsĀarĀbeit nachgehen.
Das Fazit nach 30 JahĀren NeoĀliĀbeĀraĀlisĀmus in der Schweiz: Oben verĀteilĀten die BürĀgerĀliĀchen GeschenĀke, unten forĀderĀten sie Opfer ein.
KopfĀsteuĀern statt soziaĀler PrƤmien
DieĀses Muster zieht sich wie ein roter Faden durch alle verĀteiĀlungsĀpoĀliĀtiĀschen BereiĀche. Ein BeiĀspiel dafür sind die KranĀkenĀkasĀsenĀprƤĀmiĀen. FrüĀher subĀvenĀtioĀnierĀte sie der Staat aus dem allĀgeĀmeiĀnen SteuĀerĀhausĀhalt und hielt sie auf dieĀse WeiĀse tief. Mit dem neuĀen KranĀkenĀverĀsiĀcheĀrungsĀgeĀsetz 1994 (KVG) wurĀden die Kosten aber in groĀssem Umfang auf die VerĀsiĀcherĀten überĀwƤlzt. SeitĀher haben sich die PrƤĀmiĀen mehr als verdoppelt.
GraĀfik
Die unteĀren EinĀkomĀmen erhalĀten zwar eine PrƤĀmiĀenĀverĀbilĀliĀgung, nicht aber die MitĀtelĀklasĀse. Sie leiĀdet daher am stƤrkĀsten unter den als KopfĀsteuĀern ausĀgeĀstalĀteĀten PrƤĀmiĀen. Geschont wird dageĀgen die OberĀschicht: Ihr machen die steiĀgenĀden PrƤĀmiĀen nichts aus, weil sie im VerĀhƤltĀnis zum hohen EinĀkomĀmen und zur gerinĀgen SteuĀerĀlast keiĀnen wesentĀliĀchen AusĀgaĀbenĀpoĀsten darĀstelĀlen. Oder anders gesagt: Die OberĀschicht wurĀde mit dem KVG und den SteuĀerĀsenĀkunĀgen sozuĀsaĀgen aus ihrer soliĀdaĀriĀschen Pflicht entlassen.
MieĀter am kürĀzeĀren Hebel
Was MitĀtelĀklasĀse und GeringĀverĀdieĀnenĀde ebenĀfalls stark belaĀstet, sind die MieĀten. Trotz sinĀkenĀder HypoĀtheĀkarĀzinĀsen sind sie in den letzĀten 16 JahĀren um über 22 ProĀzent gestieĀgen. Dies nicht, weil zu weniĀge WohĀnunĀgen erstellt worĀden wƤren; im GegenĀteil, es wird masĀsiv gebaut. Der Grund ist vielĀmehr, dass die VerĀmieĀter die WohĀnungsĀknappĀheit zur RenĀdiĀte-OptiĀmieĀrung ausĀnutĀzen und entĀgeĀgen dem MietĀrecht fakĀtisch die MarktĀmieĀte durchĀsetĀzen. Sie erhƶĀhen oft widerĀrechtĀlich die MieĀten und geben die ZinsĀsenĀkunĀgen nicht wie vorĀgeĀschrieĀben weiĀter. Denn sie wisĀsen: MieĀteĀrinĀnen und MieĀter wehĀren sich kaum, weil sie die WohĀnung nicht verĀlieĀren wolĀlen und SankĀtioĀnen befürchten.
GraĀfik
Dass sich die ImmoĀbiĀliĀenĀbranĀche dies leiĀsten kann, hat mit ihrer starĀken LobĀby im ParĀlaĀment zu tun, einem schwaĀchen Staat, dem die InstruĀmenĀte zum VollĀzug des MietĀgeĀsetĀzes fehĀlen, und einer MieĀterĀschaft, die nur schlecht orgaĀniĀsiert ist, obwohl sie über eine MehrĀheit verĀfügt. PoliĀtiĀsche PasĀsiĀviĀtƤt sorgt somit dafür, dass die MieĀter am kürĀzeĀren Hebel sitzen.
Wer kann, der ersteht daher WohnĀeiĀgenĀtum, zumal dieĀses steuĀerĀbeĀgünĀstigt ist und letztĀlich günĀstiĀger kommt als eine MietĀwohĀnung. Aber so sehr sich dies vieĀle MitĀtelĀklasĀse-FamiĀliĀen auch wünĀschen: Sie werĀden kaum je in der Lage sein, das nƶtiĀge EigenĀkaĀpiĀtal aufzubringen.
Hohe RenĀdiĀten, tieĀfe Lƶhne
Zu alleĀdem kommt hinĀzu, dass die LƶhĀne hinĀter der WirtĀschaftsĀleiĀstung hinĀterĀherĀhinĀken, was ebenĀfalls auch die MitĀtelĀklasĀse trifft. In den letzĀten zwanĀzig JahĀren nahm die WertĀschƶpĀfung der GesamtĀwirtĀschaft zwar um 32 ProĀzent zu. Aber die norĀmaĀlen LƶhĀne stieĀgen nur zwiĀschen 17 und 19 ProĀzent an. EinĀzig die Top-LƶhĀne schosĀsen durch die Decke.
GraĀfik
Auch das ist eine Form ungeĀrechĀter UmverĀteiĀlung. TieĀfe LƶhĀne bei hoher ProĀdukĀtiĀviĀtƤt bedeuĀtet, dass die Arbeit ungeĀnüĀgend entĀlƶhnt und in Form von überĀhƶhĀten RenĀdiĀten von den AktioĀnƤĀren abgeĀschƶpft wird. Mit GesamtĀarĀbeitsĀverĀtrƤĀgen verĀsuĀchen die GewerkĀschafĀten zwar, GegenĀsteuĀer zu geben. Da sich aber vieĀle MenĀschen in der Schweiz oft einer hƶheĀren sozioĀƶkoĀnoĀmiĀschen Schicht zurechĀnen als dies tatĀsƤchĀlich der Fall ist, sind sie gewerkĀschaftsĀkriĀtisch. Je tieĀfer der OrgaĀniĀsaĀtiĀonsĀgrad der ArbeitĀnehĀmer-OrgaĀniĀsaĀtioĀnen aber ist, desto schwieĀriĀger wird es, poliĀtiĀschen und wirtĀschaftĀliĀchen Druck für gerechĀteĀre LƶhĀne zu entwickeln.
SinĀkenĀde Renten
Was mit dem AusĀeinĀanĀderĀgeĀhen der LohnĀscheĀre beginnt, setzt sich bei den RenĀten fort: TieĀfeĀre LƶhĀne bedeuĀten tieĀfeĀre RenĀten, vor allem in der berufĀliĀchen VorĀsorĀge (BVG). Obwohl die BVG-LohnĀbeiĀtrƤĀge seit JahĀren konĀtiĀnuĀierĀlich steiĀgen, sind die RenĀten im SinkĀflug. Mit der jüngst, gegen den WilĀlen der LinĀken beschlosĀseĀnen BVG-ReviĀsiĀon wird sich dieĀse TenĀdenz weiĀter verschƤrfen.
GraĀfik
Die FinanzĀwirtĀschaft begrünĀdet die sinĀkenĀden BVG-RenĀten nicht zuletzt mit der DemoĀgraĀfie. Das freiĀlich ist ein fataĀles ArguĀment. Denn das BVG wurĀde 1985 geraĀde mit dem VerĀspreĀchen einĀgeĀführt, die AltersĀvorĀsorĀge dank KapiĀtalĀmarkt-FinanĀzieĀrung robuĀster zu machen gegen die zunehĀmenĀde AlteĀrung der GesellĀschaft. DieĀses VerĀspreĀchen entĀpuppt sich heuĀte als ein groĀsser IrrĀtum, der uns immer teuĀrer zu steĀhen kommt.
EinĀziĀger LichtĀblick bleibt damit die AHV. Schon seit JahĀren totĀgeĀsagt, benƶĀtigt sie trotz steiĀgenĀder RentĀnerĀzahĀlen nach wie vor viel weniĀger MitĀtel als das BVG und ist nach wie vor ein wichĀtiĀges InstruĀment gegen die Altersarmut.
MitĀtelĀkasĀse zwiĀschen HamĀmer und Amboss
All dieĀse ZahĀlen und StaĀtiĀstiĀken machen klar, dass sich die Schweiz entĀgeĀgen unseĀrem SelbstĀbildĀnis in einer unheilĀvolĀlen SpiĀraĀle bewegt. Zwar steigt das WirtĀschaftsĀwachsĀtum konĀtiĀnuĀierĀlich an und macht das Land immer reiĀcher. Doch dieĀser ReichĀtum, tƤgĀlich erarĀbeiĀtet von MilĀlioĀnen von ArbeitĀnehĀmenĀden, erreicht die MehrĀheit der BevƶlĀkeĀrung nicht mehr. Er bleibt in den obeĀren SchichĀten hƤnĀgen, wƤhĀrend unten nicht mehr viel ankommt.
Dies trifft die ganĀze BevƶlĀkeĀrung und insĀbeĀsonĀdeĀre die MitĀtelĀklasĀse, das FunĀdaĀment jeder funkĀtioĀnieĀrenĀden GesellĀschaft. Je grƶĀsser die UnterĀschieĀde bei VerĀmƶĀgen und EinĀkomĀmen, sind, desto mehr gerƤt sie zwiĀschen HamĀmer und Amboss.
Die FolĀge davon ist: Vor 30 JahĀren hatĀte die MitĀtelĀklasĀse noch die PerĀspekĀtiĀve, ihren gesellĀschaftĀliĀchen StaĀtus und deren ihrer KinĀder weiĀter zu verĀbesĀsern. Von dieĀser VorĀstelĀlung müsĀsen sie sich immer mehr MenĀschen verĀabĀschieĀden. EntĀweĀder gehƶĀren sie zu den weniĀgen, die auf der RollĀtrepĀpe steĀhen. Oder sie stramĀpelt sich ab, ohne wirkĀlich richĀtig vorwƤrtszukommen.
Das macht unser Land immer mehr zu einer armen reiĀchen Schweiz.
WalĀter Langenegger
(1) Alle GraĀfiĀken sind entĀnomĀmen aus dem AnaĀlyĀseĀpaĀpier āDie KaufĀkraft ist unter Druckā von SP-NatioĀnalĀrƤĀtin SamiĀra MarĀti. Die ĆkoĀnoĀmin hat das Papier im JanuĀar 2003 verĀfasst und publiziert.
(2) Die Pro-Kopf-AngaĀben basieĀren auf der ZahĀlen des BunĀdesĀamĀtes für StaĀtiĀstik unter dem Link: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/querschnittsthemen/wohlfahrtsmessung/alle-indikatoren/wirtschaft/vermoegen-haushalte.html
Dass dem so ist, ist gewollt und ResulĀtat bürĀgerĀliĀcher MehrĀheitsĀpoĀliĀtik. Sie oriĀenĀtiert sich seit über 30 JahĀren an einer neoĀliĀbeĀraĀlen Wirtschaftsā, Finanzā, SteuĀer- und SoziĀalĀpoĀliĀtik und hat mit PriĀvaĀtiĀsieĀrung, DereĀguĀlieĀrung, LibeĀraĀliĀsieĀrung und StaatsĀabĀbau eine unheilĀvolĀle finanĀziĀelĀle UmschichĀtung von unten nach oben in Gang gesetzt. HeuĀte hebt sich eine kleiĀne, priĀviĀleĀgierĀte Schicht von SuperĀreiĀchen und VerĀmƶĀgenĀden immer stƤrĀker von der übriĀgen BevƶlĀkeĀrung ab, die insĀbeĀsonĀdeĀre in den letzĀten JahĀren finanĀziĀell immer stƤrĀker unter Druck gerƤt.
UngeĀrechĀtes Steuersystem
AugenĀfƤlĀlig ist dieĀse EntĀwickĀlung besonĀders bei der SteuĀerĀbeĀlaĀstung: Nach JahrĀzehnĀten des SteuĀerĀabĀbaus zeigt sich deutĀlich, wer vom System proĀfiĀtiert: die hohen EinĀkomĀmen und VerĀmƶĀgenĀden. Wer eine MilĀliĀon verĀdient, zahlt heuĀte 20 ProĀzent weniĀger SteuĀern als früĀher. Für alle andeĀren mit DurchĀschnittsĀlƶhĀnen hat sich indes nichts geƤnĀdert: Sie traĀgen die gleiĀche SteuĀerĀlast wie noch 1990.
Grund dafür ist, dass Bund und KanĀtoĀne jahĀreĀlang gezielt nur die proĀgresĀsiv bzw. soziĀal ausĀgeĀstalĀteĀten SteuĀern wie etwa jene der EinĀkomĀmenĀsteuĀern mitĀtels TarifĀsenĀkunĀgen oder SteuĀerĀabĀzüĀgen reduĀzierĀten. Das bevorĀteilt die hohen EinĀkomĀmen; allen andeĀren indes bringt dies nur miniĀmaĀle SteuĀerĀersparĀnisĀse. Im GegenĀzug erhƶhĀte die PoliĀtik auf allen EbeĀnen die indiĀrekĀten SteuĀern wie AbgaĀben, GebühĀren und die MehrĀwertĀsteuĀer, jüngst etwa für die AHV21. DieĀse SteuĀern wirĀken wie KopfĀsteuĀern und belaĀsten das BudĀget der unteĀren und mittĀleĀren LohnĀklasĀsen ungleich stƤrĀker als jenes der Oberschicht.
HinĀzu kommt, dass die FinanzĀlobĀby in den ParĀlaĀmenĀten auch tieĀfeĀre KapiĀtalĀgeĀwinnĀsteuĀern durchĀsetĀzen konnĀte. Seit 2000 sanĀken sie um einen FünfĀtel. Die SteuĀern auf Arbeit dageĀgen nahĀmen zu, und zwar um 3,9 ProĀzent. Damit wurĀden jene belohnt, die ihr Geld an der BƶrĀse verĀdieĀnen, und jene bestraft, die einer BerufsĀarĀbeit nachgehen.
Das Fazit nach 30 JahĀren NeoĀliĀbeĀraĀlisĀmus in der Schweiz: Oben verĀteilĀten die BürĀgerĀliĀchen GeschenĀke, unten forĀderĀten sie Opfer.
KopfĀsteuĀern statt soziaĀler PrƤmien
DieĀses Muster zieht sich wie ein roter Faden durch alle verĀteiĀlungsĀpoĀliĀtiĀschen BereiĀche. Ein BeiĀspiel dafür sind die KranĀkenĀkasĀsenĀprƤĀmiĀen. FrüĀher subĀvenĀtioĀnierĀte sie der Staat aus dem allĀgeĀmeiĀnen SteuĀerĀhausĀhalt und hielt sie auf dieĀse WeiĀse tief. Mit dem neuĀen KranĀkenĀverĀsiĀcheĀrungsĀgeĀsetz 1994 (KVG) wurĀden die Kosten aber in groĀssem Umfang auf die VerĀsiĀcherĀten überĀwƤlzt. SeitĀher haben sich die PrƤĀmiĀen mehr als verdoppelt.
Den unteĀren EinĀkomĀmen wird zwar eine PrƤĀmiĀenĀverĀbilĀliĀgung gewƤhrt, nicht aber der MitĀtelĀklasĀse. Sie leiĀdet daher am stƤrkĀsten unter den als KopfĀsteuĀern ausĀgeĀstalĀteĀten PrƤĀmiĀen. Geschont wird dageĀgen die OberĀschicht: Ihr machen die steiĀgenĀden PrƤĀmiĀen nichts aus, weil sie im VerĀhƤltĀnis zum hohen EinĀkomĀmen und zur gerinĀgen SteuĀerĀlast keiĀnen wesentĀliĀchen AusĀgaĀbenĀpoĀsten darĀstelĀlen. Oder anders gesagt: Die OberĀschicht wurĀde mit dem KVG und den SteuĀerĀsenĀkunĀgen sozuĀsaĀgen aus ihrer soliĀdaĀriĀschen Pflicht entlassen.
MieĀterĀschaft am kürĀzeĀren Hebel
Was MitĀtelĀklasĀse und GeringĀverĀdieĀnenĀde ebenĀfalls stark belaĀstet, sind die MieĀten. Trotz sinĀkenĀder HypoĀtheĀkarĀzinĀsen sind sie in den letzĀten 16 JahĀren um über 22 ProĀzent gestieĀgen. Dies nicht, weil zu weniĀge WohĀnunĀgen erstellt worĀden wƤren; im GegenĀteil, es wird masĀsiv gebaut. Der Grund ist vielĀmehr, dass die VerĀmieĀteĀrinĀnen und VerĀmieĀter die WohĀnungsĀknappĀheit zur RenĀdiĀte-OptiĀmieĀrung ausĀnutĀzen und entĀgeĀgen dem MietĀrecht fakĀtisch die MarktĀmieĀte durchĀsetĀzen. Sie erhƶĀhen oft widerĀrechtĀlich die MieĀten und geben die ZinsĀsenĀkunĀgen nicht wie vorĀgeĀschrieĀben weiĀter. Denn sie wisĀsen: MieĀteĀrinĀnen und MieĀter wehĀren sich kaum, weil sie die WohĀnung nicht verĀlieĀren wolĀlen und SankĀtioĀnen befürchten.
Dass sich die ImmoĀbiĀliĀenĀbranĀche dies leiĀsten kann, hat mit ihrer starĀken LobĀby im ParĀlaĀment zu tun, einem schwaĀchen Staat, dem die InstruĀmenĀte zum VollĀzug des MietĀgeĀsetĀzes fehĀlen, und einer MieĀterĀschaft, die nur schlecht orgaĀniĀsiert ist, obwohl sie über eine MehrĀheit verĀfügt. PoliĀtiĀsche PasĀsiĀviĀtƤt sorgt somit dafür, dass die MieĀteĀrinĀnen und MieĀter am kürĀzeĀren Hebel sitzen.
Wer kann, der ersteht daher WohnĀeiĀgenĀtum, zumal dieĀses steuĀerĀbeĀgünĀstigt ist und letztĀlich günĀstiĀger kommt als eine MietĀwohĀnung. Aber so sehr sich dies vieĀle MitĀtelĀklasĀse-FamiĀliĀen auch wünĀschen: Sie werĀden kaum je in der Lage sein, das nƶtiĀge EigenĀkaĀpiĀtal aufzubringen.
Hohe RenĀdiĀten, tieĀfe Lƶhne
Zu alleĀdem kommt hinĀzu, dass die LƶhĀne der WirtĀschaftsĀleiĀstung hinĀterĀherĀhinĀken, was ebenĀfalls auch die MitĀtelĀklasĀse trifft. In den letzĀten zwanĀzig JahĀren nahm die WertĀschƶpĀfung der GesamtĀwirtĀschaft zwar um 32 ProĀzent zu. Aber die norĀmaĀlen LƶhĀne stieĀgen nur zwiĀschen 17 und 19 ProĀzent an. EinĀzig die Top-LƶhĀne schosĀsen durch die Decke.
Auch das ist eine Form ungeĀrechĀter UmverĀteiĀlung. TieĀfe LƶhĀne bei hoher ProĀdukĀtiĀviĀtƤt bedeuĀtet, dass die Arbeit ungeĀnüĀgend entĀlƶhnt und in Form von überĀhƶhĀten RenĀdiĀten von den AktioĀnƤĀren abgeĀschƶpft wird. Mit GesamtĀarĀbeitsĀverĀtrƤĀgen verĀsuĀchen die GewerkĀschafĀten zwar, GegenĀsteuĀer zu geben. Da sich aber vieĀle BeschƤfĀtigĀten in der Schweiz oft einer hƶheĀren sozioĀƶkoĀnoĀmiĀschen Schicht zurechĀnen als dies tatĀsƤchĀlich der Fall ist, sind sie gewerkĀschaftsĀkriĀtisch. Je tieĀfer der OrgaĀniĀsaĀtiĀonsĀgrad der ArbeitĀnehĀmenĀden-OrgaĀniĀsaĀtioĀnen aber ist, desto schwieĀriĀger wird es, poliĀtiĀschen und wirtĀschaftĀliĀchen Druck für gerechĀteĀre LƶhĀne zu entwickeln.
SinĀkenĀde Renten
Was mit dem AusĀeinĀanĀderĀgeĀhen der LohnĀscheĀre beginnt, setzt sich bei den RenĀten fort: TieĀfeĀre LƶhĀne bedeuĀten tieĀfeĀre RenĀten, vor allem in der berufĀliĀchen VorĀsorĀge (BVG). Obwohl die BVG-LohnĀbeiĀtrƤĀge seit JahĀren konĀtiĀnuĀierĀlich steiĀgen, sind die RenĀten im SinkĀflug. Mit der jüngst, gegen den WilĀlen der LinĀken beschlosĀseĀnen BVG-ReviĀsiĀon wird sich dieĀse TenĀdenz weiĀter verschƤrfen.
Die FinanzĀwirtĀschaft begrünĀdet die sinĀkenĀden BVG-RenĀten nicht zuletzt mit der DemoĀgraĀfie. Das freiĀlich ist ein fataĀles ArguĀment. Denn das BVG wurĀde 1985 geraĀde mit dem VerĀspreĀchen einĀgeĀführt, die AltersĀvorĀsorĀge dank KapiĀtalĀmarkt-FinanĀzieĀrung robuĀster zu machen gegen die zunehĀmenĀde AlteĀrung der GesellĀschaft. DieĀses VerĀspreĀchen entĀpuppt sich heuĀte als ein groĀsser IrrĀtum, der uns immer teuĀrer zu steĀhen kommt.
EinĀziĀger LichtĀblick bleibt damit die AHV. Schon seit JahĀren totĀgeĀsagt, benƶĀtigt sie trotz immer mehr RentĀneĀrinĀnen und RentĀner viel weniĀger MitĀtel als das BVG und ist nach wie vor ein wichĀtiĀges InstruĀment gegen die Altersarmut.
MitĀtelĀklasĀse zwiĀschen HamĀmer und Amboss
All dieĀse ZahĀlen und StaĀtiĀstiĀken machen klar, dass sich die Schweiz entĀgeĀgen unseĀrem SelbstĀbildĀnis in einer unheilĀvolĀlen SpiĀraĀle bewegt. Zwar steigt das WirtĀschaftsĀwachsĀtum konĀtiĀnuĀierĀlich an und macht das Land immer reiĀcher. Doch dieĀser ReichĀtum, tƤgĀlich erarĀbeiĀtet von MilĀlioĀnen von ArbeitĀnehĀmenĀden, erreicht die MehrĀheit der BevƶlĀkeĀrung nicht mehr. Er bleibt in den obeĀren SchichĀten hƤnĀgen, wƤhĀrend unten nicht mehr viel ankommt.
Dies trifft die ganĀze BevƶlĀkeĀrung und insĀbeĀsonĀdeĀre die MitĀtelĀklasĀse, das FunĀdaĀment jeder funkĀtioĀnieĀrenĀden GesellĀschaft. Je grƶĀsser die UnterĀschieĀde bei VerĀmƶĀgen und EinĀkomĀmen, sind, desto mehr gerƤt sie zwiĀschen HamĀmer und Amboss.
Die FolĀge davon ist: Vor 30 JahĀren hatĀte die MitĀtelĀklasĀse noch die PerĀspekĀtiĀve, ihren gesellĀschaftĀliĀchen StaĀtus und deren ihrer KinĀder weiĀter zu verĀbesĀsern. Von dieĀser VorĀstelĀlung müsĀsen sich immer mehr MenĀschen verĀabĀschieĀden. EntĀweĀder gehƶĀren sie zu den weniĀgen, die auf der RollĀtrepĀpe ungeĀhinĀdert nach oben fahĀren. Oder sie stramĀpeln sich ab, ohne wirkĀlich richĀtig vorwƤrtszukommen.
Das macht unser Land immer mehr zu einer armen reiĀchen Schweiz.
WalĀter Langenegger
1* Alle GraĀfiĀken sind entĀnomĀmen aus dem AnaĀlyĀseĀpaĀpier āDie KaufĀkraft ist unter Druckā von SP-NatioĀnalĀrƤĀtin SamiĀra MarĀti. Die ĆkoĀnoĀmin hat das Papier im JanuĀar 2023 verĀfasst und publiziert.
2* Die Pro-Kopf-AngaĀben basieĀren auf ZahĀlen des BunĀdesĀamĀtes für StaĀtiĀstik unter dem Link: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/querschnittsthemen/wohlfahrtsmessung/alle-indikatoren/wirtschaft/vermoegen-haushalte.html